Eine Partei lebt ja nicht nur von ihrem
Programm – und in diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die
Wahlprogramme aller im Parlament
vertretenen Parteien zu sprechen kommen (Ruf bei der SPÖ: 4 : 0!);
da werden Sie staunen, weil Sie Ihr Wahlprogramm wahrscheinlich gar nicht
kennen –, eine Partei lebt auch von den Persönlichkeiten an ihrer Spitze.
(Abg. Dr. Glawischnig: Wir wollen über die Verfassung reden!)
Es ist ja kein
Zufall, dass heute vom Klubobmann der Grünen in höchsten Tönen EU-Kommissar
Fischler – und er ist immerhin Bundesparteivorstandsmitglied der Österreichischen
Volkspartei – gelobt worden ist. Das ist kein Zufall. Und es ist auch kein
Zufall, dass vom Spitzenkandidaten der SPÖ zum Europäischen Parlament, Swoboda,
heute in einem Interview Erhard Busek als ein möglicher EU-Kommissar genannt
wird.
Das zeigt die
Linie der Österreichischen Volkspartei: Busek, Alois Mock – überhaupt der
„Mister Europa“ in Österreich –, und jetzt auch unser Bundeskanzler. Wir
stehen hier in einer klaren Tradition, die keine Partei in diesem Haus hat, die
niemand sonst hat! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. –
Abg. Dr. Van der Bellen schüttelt verneinend den Kopf.)
Herr Klubobmann
Van der Bellen, weil Sie jetzt so den Kopf schütteln: Sie wissen, dass Sie, als
sich vor 15 Jahren Alois Mock in der damaligen großen Koalition durchgesetzt
hat, dass dann am 17. Juli 1989 dieses Beitrittsansuchen nach Brüssel
abgeschickt worden ist – und das sind schon 15 Jahre! –, damals
eine ganz andere Sicht von Europa hatten – und gerade auch Ihr
Spitzenkandidat! – als heute. Aber es ist gut, dass sich bei Ihnen
diesbezüglich eine Änderung vollzogen hat.
Wir haben hier wirklich eine Tradition –
ich könnte da bis in die fünfziger Jahre zurückgehen –, und das zeigt
sich auch bei der heutigen Verfassungsdebatte, die wir hier führen: Wir haben
ganz klare Vorstellungen davon, wie diese Europäische Verfassung aussehen soll,
und wir haben das festgehalten im Europa-Manifest zur Europawahl 2004.
Wir wollen diese gemeinsame Verfassung. Wir halten sie für ganz entscheidend
für ein bürgernahes Europa. Wir wollen ein Europa – und das ist für uns
ganz wichtig! –, in dem nur jene Bereiche auf der europäischen
Ebene geregelt werden, die auf der nationalen, auf der regionalen oder auf der
kommunalen Ebene nicht so gut geregelt werden können. Das ist für
uns ein ganz wesentlicher Grundsatz, und unter diesem Aspekt ist es auch zu
verstehen, dass gerade unser Bundeskanzler ein so vehementer Kämpfer für die
Rechte der kleineren und der mittleren Staaten auch in Europa ist! (Beifall
bei der ÖVP.)
Wir wollen eine
Gleichbehandlung aller, ob groß oder klein, und jede Entwicklung
in Richtung einer Sonderstellung für größere Staaten in diesem Europa findet
ganz sicher nicht unsere Zustimmung! Diese Subsidiarität in der
erweiterten Union ist für uns weit mehr als ein Lippenbekenntnis, und daher
haben wir auch dafür gekämpft, dass der Nationalrat, dass der Bundesrat die
Möglichkeit hat, auch ein Klagerecht zu bekommen. Dieses Europa wird nämlich
nur dann funktionieren, wenn es auch entsprechend von den nationalen
Parlamenten mitgetragen wird und wenn wir auch entsprechend mit eingebunden
sind.
Und jetzt habe
ich mir gedacht – denn all das, was ich Ihnen jetzt gesagt habe, kann man
im Europamanifest der ÖVP nachlesen –, es hat sicherlich auch die SPÖ
Vorstellungen zur Europäischen Verfassung, und ich habe das Programm der SPÖ
gelesen: einmal, zweimal, dreimal. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe
es dreimal gelesen, und wissen Sie, was ich gefunden habe zur Europäischen
Verfassung? – Einen Halbsatz! Einen Halbsatz, meine sehr
geehrten Damen und Herren, habe ich gefunden. Und das ist wohl zu wenig für
dieses große Projekt Europa! Das ist wohl zu wenig, das ist kein
Zukunftsprogramm! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wattaul.)