Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 80

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Eine Partei lebt ja nicht nur von ihrem Programm – und in diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Wahlprogramme aller im Parlament vertretenen Parteien zu sprechen kommen (Ruf bei der SPÖ: 4 : 0!); da werden Sie staunen, weil Sie Ihr Wahl­programm wahrscheinlich gar nicht kennen –, eine Partei lebt auch von den Persön­lichkeiten an ihrer Spitze. (Abg. Dr. Glawischnig: Wir wollen über die Verfassung reden!)

Es ist ja kein Zufall, dass heute vom Klubobmann der Grünen in höchsten Tönen EU-Kommissar Fischler – und er ist immerhin Bundesparteivorstandsmitglied der Öster­reichischen Volkspartei – gelobt worden ist. Das ist kein Zufall. Und es ist auch kein Zufall, dass vom Spitzenkandidaten der SPÖ zum Europäischen Parlament, Swoboda, heute in einem Interview Erhard Busek als ein möglicher EU-Kommissar genannt wird.

Das zeigt die Linie der Österreichischen Volkspartei: Busek, Alois Mock – überhaupt der „Mister Europa“ in Österreich –, und jetzt auch unser Bundeskanzler. Wir stehen hier in einer klaren Tradition, die keine Partei in diesem Haus hat, die niemand sonst hat! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. – Abg. Dr. Van der Bellen schüttelt verneinend den Kopf.)

Herr Klubobmann Van der Bellen, weil Sie jetzt so den Kopf schütteln: Sie wissen, dass Sie, als sich vor 15 Jahren Alois Mock in der damaligen großen Koalition durch­gesetzt hat, dass dann am 17. Juli 1989 dieses Beitrittsansuchen nach Brüssel abge­schickt worden ist – und das sind schon 15 Jahre! –, damals eine ganz andere Sicht von Europa hatten – und gerade auch Ihr Spitzenkandidat! – als heute. Aber es ist gut, dass sich bei Ihnen diesbezüglich eine Änderung vollzogen hat.

Wir haben hier wirklich eine Tradition – ich könnte da bis in die fünfziger Jahre zurück­gehen –, und das zeigt sich auch bei der heutigen Verfassungsdebatte, die wir hier führen: Wir haben ganz klare Vorstellungen davon, wie diese Europäische Verfassung aussehen soll, und wir haben das festgehalten im Europa-Manifest zur Europa­wahl 2004. Wir wollen diese gemeinsame Verfassung. Wir halten sie für ganz entschei­dend für ein bürgernahes Europa. Wir wollen ein Europa – und das ist für uns ganz wichtig! –, in dem nur jene Bereiche auf der europäischen Ebene geregelt werden, die auf der nationalen, auf der regionalen oder auf der kommunalen Ebene nicht so gut geregelt werden können. Das ist für uns ein ganz wesentlicher Grundsatz, und unter diesem Aspekt ist es auch zu verstehen, dass gerade unser Bundeskanzler ein so vehementer Kämpfer für die Rechte der kleineren und der mittleren Staaten auch in Europa ist! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen eine Gleichbehandlung aller, ob groß oder klein, und jede Entwicklung in Richtung einer Sonderstellung für größere Staaten in diesem Europa findet ganz sicher nicht unsere Zustimmung! Diese Subsidiarität in der erweiterten Union ist für uns weit mehr als ein Lippenbekenntnis, und daher haben wir auch dafür gekämpft, dass der Nationalrat, dass der Bundesrat die Möglichkeit hat, auch ein Klagerecht zu bekom­men. Dieses Europa wird nämlich nur dann funktionieren, wenn es auch entsprechend von den nationalen Parlamenten mitgetragen wird und wenn wir auch entsprechend mit eingebunden sind.

Und jetzt habe ich mir gedacht – denn all das, was ich Ihnen jetzt gesagt habe, kann man im Europamanifest der ÖVP nachlesen –, es hat sicherlich auch die SPÖ Vorstel­lungen zur Europäischen Verfassung, und ich habe das Programm der SPÖ gelesen: einmal, zweimal, dreimal. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe es dreimal gelesen, und wissen Sie, was ich gefunden habe zur Europäischen Verfassung? – Einen Halb­satz! Einen Halbsatz, meine sehr geehrten Damen und Herren, habe ich gefunden. Und das ist wohl zu wenig für dieses große Projekt Europa! Das ist wohl zu wenig, das ist kein Zukunftsprogramm! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wattaul.)

 


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