Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 108

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

die Beurteilung der Gegengeschäfte erschien als nicht nachvollziehbar, ebenso eine entsprechende Kommunikation zwischen den BMLV und dem BMWA;

es erfolgte keine Überprüfung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des angebotenen Kampfflugzeuges des Typs Eurofighter.

Erhebliche Zweifel bestehen an der Einhaltung des Liefertermins sowie der grundsätzli­chen Einsatzfähigkeit des ausgewählten Flugzeugtyps. Dem gegenüber stehen exorbi­tant hohe Lebenszykluskosten.

Auffällig ist, dass die Prüfung des Rechnungshofes für ein Kaufvorhaben von 24 Ab­fangjägern durchgeführt wurde, durch die österreichische Bundesregierung aber 18 Geräte angekauft werden. Der Rechnungshof gab in diesem Zusammenhang zu be­denken, dass eine Verringerung der laut Angebotseinholung und Bewertung vorgege­benen Stückzahl von 24 Kampfflugzeugen eine Neuausschreibung erforderlich machen würde, wenn durch die Verringerung der Stückzahl die Bieterreihung geändert würde.

Ging der Ministerratsvortrag von 1,791 Milliarden Euro für 24 einsitzige Flugzeuge aus, so erhöhten sich diese Kosten auf einen zu erwartenden Beschaffungspreis von rund 2,767 Milliarden Euro. Darin noch nicht enthalten sind die Ausgaben für die Adaptie­rung der fliegerischen Infrastruktur, des Radars, des Funks usw.

In der Rechnungshofausschuss-Sitzung am 27.4.2004 wurde mit RH-Präsidenten Dr. Fiedler dieser Bericht des Rechnungshofes über die Typenentscheidung und die Gegengeschäftsangebote im Zuge der Beschaffung von Luftraumüberwachungsflug­zeugen erörtert. Diesbezüglich stellte Präsident Dr. Fiedler klar, dass in keiner Form die von BK Schüssel propagierte Wirtschaftsplattform vorgefunden wurde. Der Rech­nungshofpräsident hielt dazu fest: „Eine Wirtschaftsplattform ist mir nach wie vor nicht untergekommen“.

Wesentliche Kritik äußerte Präsident Fiedler an den verschiedenen Zahlungsvarianten: Für den Rechnungshof blieb völlig unklar, ab wann eine Zahlungsvariante von 18 Halb­jahresraten als prioritär bewertet wurde und warum. Daraus ergibt sich, dass der Kauf­preis von 1,79 Milliarden Euro, der als Grundlage für den Ministerratsbeschluss vom 2.7.2002 diente, „irreal ist und wesentlich höher liegen müsste“ (Präsident Fiedler). Für den RH-Präsidenten wurde dadurch der Eindruck einer Barzahung erweckt, tatsächlich war die Finanzierung aber im Zeitpunkt des Ministerratsbeschlusses völlig offen. Der tatsächliche Preis von rund 2,7 Milliarden Euro musste aber bei der Ministerratsent­scheidung hinlänglich bekannt sein. Die Gründe für die Heranziehung einer Zahlungs­variante mittels 18 Halbjahresraten war für den Rechnungshof auch formal nicht nach­vollziehbar. Laut Präsident Fiedler ist ein entsprechendes Schriftstück, mit dem erst­mals eine derartige Variante als prioritär betrachtet wurde, mit 24. Juni 2002 datiert.

Durch den Rechnungshof wurden bisher nur die Vorgänge bis zum Ministerratsbe­schluss vom 2. Juli 2002 geprüft, eine Prüfung hinsichtlich der Reduktion der Abfang­jägeranzahl bis hin zur Vertragsunterzeichnung ist anhängig. Mögliche Parteienfinan­zierungen bzw. Geldflüsse (sogenannte „wirtschaftliche Interessen“) außerhalb des Ausschreibungsprozesses konnten seitens des Rechnungshofes keiner Kontrolle unterzogen werden.

Aus der Rechnungshofkritik ergibt sich klar, dass die Regierung trotz Kenntnis eines wesentlich höheren Preises am 2. Juli 2002 eine Ministerratsentscheidung auf Basis von falschen Preiskalkulationen herbeigeführt hat. Ebenso haben sich sämtliche An­kündigungen von Bundeskanzler Schüssel hinsichtlich der Finanzierung der Abfang­jäger über eine Wirtschaftsplattform als nicht haltbar herausgestellt.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite