Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 18

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Man kann davon ausgehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die zukünftige Zweite Präsidentin – und ich glaube auch, dass man davon ausgehen kann, dass sie gewählt werden wird – gemessen werden wird an ihrem Vorgänger, dem heute aus dem Nationalrat ausgeschiedenen Heinz Fischer, dessen Vorsitzführung ja ausführlich gewürdigt worden ist.

Ich möchte auch etwas sagen, weil ich schon sehr, sehr lange hier im Parlament bin und die Vorsitzführung des Herrn Präsidenten Fischer sehr geschätzt habe: Die Objektivität, aber vor allem auch die Tatsache, dass Dr. Fischer wesentlich dazu beigetragen hat, dass wir hier im Parlament zu einer kultivierten Debatte gekommen sind, sollen nicht unerwähnt bleiben.

Das war nicht immer so: Als ich 1983 hier im Nationalrat als Abgeordnete begonnen habe, gab es viel rüdere Töne – und das Präsidium war diesbezüglich viel „groß­zügiger“. Ich finde, dass Heinz Fischer wesentlich dazu beigetragen hat, dass Ent­gleisungen, die es natürlich immer wieder gibt, sofort geahndet werden und dass eben ein strengerer Maßstab angelegt wird, wobei ich mich auch öfters ärgere, wenn ich eine Äußerung nicht machen darf, die ordnungsrufverdächtig ist, das gebe ich schon zu. Im Großen und Ganzen schätze ich aber diese bessere Gesprächskultur, und ich meine, das sollten wir so beibehalten.

Ich hoffe, dass diese Objektivität, diese Fairness, die Heinz Fischer hier über alle Parteigrenzen hinweg gepflogen hat, auch die künftige Zweite Präsidentin pflegen wird.

Gerade in Anbetracht Ihrer neuen Aufgabe, Frau Abgeordnete Prammer, auf die Sie sich vorbereitet haben, wie Sie heute gesagt haben, habe ich mir schon gedacht, dass Sie sich schon besser hätten überlegen sollen, was Sie nach der EU-Wahl von sich geben, zwar noch als Abgeordnete, aber schon als Kandidatin bei der Wahl zur Zweiten Nationalratspräsidentin, als eine Kandidatin, die auch gewählt werden möchte.

Sie, Frau Abgeordnete Prammer, haben nach der EU-Wahl unverhohlen Ihrer Freude Ausdruck gegeben, dass die Freiheitliche Partei Wähler verloren hat, dass diese „in den Keller rasselt“ – und haben dabei die Objektivität, zu der Sie sich heute im Vor­hinein bekannt haben, völlig außer Acht gelassen! Eine absolut unkluge Verhaltens­weise! Da hätte ich mir schon erwartet, dass Sie anders agieren!

Sie, Frau Abgeordnete Prammer, haben es auch leider Gottes verabsäumt – und das ist Ihnen ja bereits vorgeworfen worden –, sich von den Äußerungen des SPÖ-Klubobmann-Stellvertreters Broukal zu distanzieren. Sie haben auch nichts zu der angeblichen „Pogrom-Stimmung“ gesagt, die hier widerrechtlich seitens der SPÖ behauptet wurde.

In unserem Parlament herrscht keine „Pogrom-Stimmung“, sondern wir haben hier offene Auseinandersetzungen, Auseinandersetzungen, die eben manchmal schärfer und manchmal etwas weniger scharf geführt werden, aber: Verfolgt wird hier wirklich niemand! Da hätte ich mir jedenfalls schon erwartet, dass Sie dazu etwas sagen, Frau Abgeordnete Prammer.

Jedenfalls steht fest: Wer auch immer in dieses Amt gewählt wird, hat die partei­politische Brille abzunehmen, auch wenn man eine noch so engagierte Parlamen­tarierin ist.

Frau Abgeordnete Prammer – ich nehme an, Sie werden gewählt werden –, wir setzen große Hoffnungen in Sie, dass Sie all das, was Sie heute hier theoretisch abgehandelt haben, auch in die Tat umsetzen, dass Sie nämlich die Objektivität und Fairness eines Heinz Fischer fortsetzen und uns allen eine gute Präsidentin sein werden, eine Präsidentin, die uns nach außen gut vertritt, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, und die auch die Vorsitzführung so gestaltet, dass wir eben so wie bisher in einem


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