Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 121

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21.42

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Arbeitslosigkeit bedeutet zweifelsohne – wir hatten ja heute bereits einen Tagesord­nungspunkt, in dem es um Arbeitsmarktpolitik ging – eine Situation, die enorm erschwerte Voraussetzungen für Menschen darstellt. Ich möchte jetzt – übrigens zum wiederholten Male – auf die Marienthal-Studie hinweisen, die zwar vor vielen Jahrzehn­ten durchgeführt wurde, jedoch im Wesentlichen eine noch immer gültige Analyse dahin gehend ist, wie es Menschen in der Arbeitslosigkeit geht, was das psychisch, was das finanziell beziehungsweise auch sozialpolitisch für sie bedeutet und welche gesundheitliche Folgen Arbeitslosigkeit nach sich zieht.

Die Forderung nach einer Arbeitslosenanwaltschaft, einer Arbeitslosen-SprecherIn ist eine Forderung der Armutskonferenz, und wir wissen ja, dass Arbeitslosigkeit zu den größten Armutsfallen in Österreich zählt. Diese unsere Forderung entspricht aber auch den Intentionen der EU, die ja eine Partizipation der Betroffenen, also der arbeitslosen Menschen, bei arbeitsmarktpolitischen Konzeptionen vorsieht.

Ich glaube zwar nicht, dass eine Übertragung dieser Aufgabe an die Volksanwaltschaft diesen EU-Intentionen entsprechen würde, muss aber sagen, dass mir auch der Antrag der Grünen zu stark in Richtung Volksanwaltschaft geht! Damit wäre nämlich eine Partizipationsmöglichkeit Arbeitsloser wieder nur eingeschränkt möglich und wir würden eine Institution schaffen, die zwar institutionalisiert würde, Partizipations­mög­lichkeiten jedoch wieder nur in sehr beschränktem Maße möglich wären.

Meine Damen und Herren, ich würde mir sehr wünschen, dass wir es in Bezug auf die Frage der Interessenvertretung arbeitsloser Menschen im Ausschuss tatsächlich ein­mal schaffen, inhaltlich, fachlich und sachlich darüber zu reden, in welcher Form wir das machen könnten. Mein größter Wunsch wäre, dass wir das unter Einbeziehung von Betroffenen beziehungsweise Vertretern und Vertreterinnen betroffener Gruppen machen, kommt doch diese Initiative aus Gruppen, die schwerpunktmäßig mit arbeitslosen Menschen zu tun haben. Das sind ja Vertreterinnen und Vertreter aus diesen Bereichen, die tagtäglich mit diesen Sorgen und Problemen konfrontiert sind.

Was wir sicher nicht wollen, ist, eine bessere Arbeitslosenberatungsstelle oder eine intensivere Beratungsstelle zu schaffen – dafür gibt es schon Einrichtungen, die diese Aufgabe wahrzunehmen haben –, sondern wir brauchen eine Stelle, wo Arbeitslose auch direkt an die Politik herankommen, wo sie bei der Gesetzgebung Begutachtungs- oder Mitsprachemöglichkeiten haben. Ich meine, dieser Intention sollten wir nach­zukommen versuchen.

Heute haben hier alle – ich glaube, das ist seitens aller Fraktionen geschehen – festgestellt: Wenn wir die Beschäftigungspolitik, wenn wir die Arbeitsmarktpolitik ver­bessern wollen, dann bedarf es der Beteiligung aller; es reicht nicht, nur an einem Rädchen zu drehen, sondern wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die da entsprechend ansetzt, wir brauchen eine Arbeitsmarktpolitik, die da entsprechend ansetzt, wir brauchen eine Steuerpolitik, die da entsprechend ansetzt – und wir brauchen dazu auch eine Wachstums- und Bildungspolitik.

Damit komme ich wieder zu einem Punkt, über den wir ja heute schon diskutiert haben. Wenn es in Zukunft Qualifikations- und Ausbildungsplanungen verbindlich geben soll, so ist das, meine ich, wieder ein Punkt, bei dem es sinnvoll wäre – da wird wahrscheinlich hin und wieder auch nicht alles so „klass“ sein; es wird Probleme geben, könnte ich mir vorstellen –, dafür eine entsprechende Anlaufstelle zu haben.

Ich persönlich würde mir wünschen, dass man sich mit dieser Frage, die eine äußerst sensible ist, ernsthafter auseinander setzt: Das ist doch bitte nicht die x-te Anwalt­schaft, sondern da es um Menschen in einer besonderen Betroffenheit geht, betrifft das


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