Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 74

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grundsätzliche Klärungen herbeiführen, weil oft – um bei einem heute schon verwendeten Ausdruck zu bleiben – „Kraut und Rüben“ vermischt werden.

Die Frage der Gentechnik hat im Wesentlichen drei große Bereiche. Erstens ist dies die gentechnische Anwendung in der Medizin, dort wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten unglaubliche Herausforderungen und Entwicklungen ermöglicht. Dann hat sie zwei weitere Gesichtspunkte, nämlich die Verwendung von Gentechnik bei der Produktion von Lebensmitteln und dem Angebot gentechnisch veränderter Lebens­mittel an den Konsumenten, und vorgelagert als ein Thema, das wir in Europa noch nicht abschließend beurteilt haben, die Auspflanzung von gentechnisch verändertem Saatgut.

Man muss diese Kette logisch getrennt jedes für sich diskutieren und Antworten für jeden Bereich geben. Das ist wichtig, um in der Auseinandersetzung nicht an Boden zu verlieren.

Was die Frage der medizinischen Gentechnik betrifft, ist sie über weite Strecken beantwortet. Ethische Fragen sind von Fall zu Fall entsprechend zu beantworten.

Was die Frage der Veränderungen von Lebensmitteln durch gentechnischen Einsatz betrifft, gibt es auch eine Antwort in Europa, und zwar mit der Rückverfolgbarkeit und mit der Kennzeichnung. Das heißt: Ja, zum Beispiel Bt-11-Mais ist als Nahrungsmittel zugelassen – nicht zur Auspflanzung, sondern als Nahrungsmittel! –, und der Konsu­ment kann auf Grund der Rückverfolgbarkeit und auf Grund der Kennzeichnung seit April auch wählen. Sie wissen, dass ich persönlich dieser Zulassung sehr kritisch und ablehnend gegenübergestanden bin.

Man kann an dieser Frage auch einen zweiten Punkt aufhängen, der wichtig ist. In der Frage der Ablehnung, der Skepsis und der Zustimmung zur Gentechnik in der Landwirtschaft oder bei Lebensmitteln gehen die Grenzen der Ablehnung und der Zustimmung quer durch politische Parteien, quer durch gesellschaftspolitische Lager und quer durch Nationalstaaten in der Europäischen Union. So ist es uns nicht gelungen, zum Beispiel Deutschland in der Ablehnung der Gentechnik bei der Zulassung im Agrarministerrat auf unsere Seite zu bringen, obwohl es dort bekanntlich seit Jahren andere politische Konstellationen gibt.

Auf der anderen Seite zeigt sich im Spiegelbild, dass es Skepsis in der Frage der Aussaat von gentechnisch verändertem Saatgut gibt. Wir haben dazu in Österreich Gott sei Dank eine einhellige Meinung und eine klare Linie, wir diskutieren auch entlang dieser Linie. Aber es wird entscheidend davon abhängen: Können wir in der Frage der Zulassung von gentechnisch verändertem Saatgut in Zukunft Allianzen schmieden, die uns in eine Mehrheitsposition bringen, oder gelingt uns das nicht?

Die Frage der Koexistenz und die Frage der Haftung sind jedenfalls zu klären. Wenn wir diesen Kampf um die Ablehnung der Gentechnik auf europäischer Ebene verlieren, müssen wir in Österreich Antworten auf die neuen Herausforderungen geben. Die Antwort muss sein: Wie regeln wir die Koexistenz europaeinheitlich? Wenn das nicht gelingt: Wie in Österreich? Und wie regeln wir die Haftung, die ein extrem sensibles Problem darstellt? – Ich bin nicht dazu bereit, die Haftungsregelung in die Dörfer und zwischen die Bauern hineinzutragen!

Wir müssen auch in dieser Frage strategisch die richtigen Antworten geben. Zu diesem Zweck kämpfe ich in Europa für einheitliche Regelungen, was die Koexistenz und die Haftung betrifft. (Beifall bei der ÖVP.)

Gelingt uns das nicht, werden wir gemeinsam mit den Bundesländern in Österreich Antworten geben. Sie wissen, Herr Abgeordneter Pirklhuber, dass die Gentechnik-Gesetzgebung nicht in meinem Haus und nicht in meiner Zuständigkeit erfolgt; dass


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