Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 127

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Offenbar haben hier einige die Zeichen der Zeit nicht erkannt und sind vor 10, 20 Jahren stecken geblieben.“ – Das sagte Helmut Zilk zu den Vorschlägen der SPÖ, meine Damen und Herren.

Es geht darum, dass wir uns auseinander setzen mit den Antworten, die Sie geben. Sie fordern etwa, es soll flächendeckend Ganztagsschulen geben. Sie sagen dann in Ihrer Detailkonzeption: Zumindest jede zweite Schule sollte eine Ganztagsschule sein.

Da stelle ich die Gegenfrage: Was ist denn die Herausforderung der Zeit? Geht es um die Umsetzung eines ideologischen Konzeptes aus einem Justamentstandpunkt heraus oder darum, dass wir eine Antwort geben? Die Herausforderung der Zeit ist doch die, dass wir heute, wenn mehr als 60 Prozent der Frauen erwerbstätig sind, ein breiteres Angebot an Nachmittagsbetreuung brauchen. – Da decken sich unsere Auffassungen, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber das soll doch nicht unter Zwang geschehen! Warum überlassen wir denn diese Entscheidung nicht den Betroffenen, meine Damen und Herren von der SPÖ? Wenn Sie zum Beispiel einen Unterricht am Nachmittag platzieren wollen, wie das Ihre Modelle vorsehen, dann nehmen Sie damit den Eltern und Erziehungsberechtigten die Wahlmöglichkeit! Das ist doch nicht Sinn und Zweck, meine Damen und Herren!

Frau Abgeordnete Kuntzl, Ihr Klubobmann ist nicht da, aber DDr. Niederwieser ist da. Der war sogar bei dieser Pressekonferenz, die Sie gegeben haben: Die Zeit ist reif für eine neue Schule. – Was ist Ihr Zugang? Sie sagen hier wörtlich in dieser Presse­unterlage: Eltern spüren, dass die Schule ihre Kinder besser fördern kann als sie selbst. – Meine Damen und Herren, das ist Ihr Zugang zu dieser Frage! Wir sagen: Lassen wir die Wahlmöglichkeit bei den Eltern oder den Kindern, nehmen wir ihnen doch diese Möglichkeit nicht!

Die richtige Antwort haben wir gegeben, indem Bildungsministerin Elisabeth Gehrer vorgeschlagen hat, die Nachmittagsbetreuung im gesamten Bundesgebiet nach Bedarf um 20 Prozent zu erhöhen – aber auf freiwilliger Basis! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie nämlich jede zweite Schule zu einer Ganztagsschule machen, dann frage ich Sie, was Sie denn dann im ländlichen Raum den Eltern anbieten wollen, wo es doch dort oft nur einen Schulstand gibt. Da nehmen Sie den Eltern diese Wahlmöglichkeit, meine Damen und Herren, und das lehnen wir ab! (Abg. Dr. Jarolim: Fragen Sie in der Steiermark Ihre eigenen Politiker!)

Oder: die Forderung der SPÖ nach Einführung der Gesamtschule. – Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie damit nicht hehre Ziele verfolgen wollen. Sie wollen damit Chancengleichheit schaffen. Nur: Menschen sind doch unterschiedlich! Menschen haben unterschiedliche Begabungen. Menschen haben unterschiedliche Neigungen. Menschen haben unterschiedliche Interessen. Also: Wenn Sie ungleiche Menschen gleich behandeln, behandeln Sie sie in Wirklichkeit ungleich! Sie müssten doch die Kinder und Jugendlichen dort abholen, wo sie stehen, also ein differenziertes Angebot machen, um diese Chancengleichheit tatsächlich zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie sagen, Sie wollen die Gesamtschule einführen, um das auszugleichen, was möglicherweise in der Ausbildung eine Rolle spielt, nämlich die Frage des sozialen Umfeldes. Es ist natürlich die Frage, ob es tatsächlich so ist, dass Kinder aus bildungsnahen Schichten eher eine weiterführende Ausbildung, ein Universitätsstudium machen, als Kinder, die aus einem „sozial schlechteren Umfeld“ – unter Anführungs­zeichen – kommen.

 


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