Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 142

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und subversive Ambitionen unterstellt werden, kann man das bei diesem Institut ja wohl nicht so in den Vordergrund stellen.

Wenn man sich mit der Frage beschäftigt, ob die Schulorganisation Auswirkungen darauf hat, ob in Österreich faire Chancen gegeben sind oder nicht, würde ich durchaus raten, einmal in diese meiner Meinung nach hochinteressanten Studien des Instituts für Familienforschung hineinzuschauen. Sie behaupten ja immer, wir hätten ein durchlässiges Schulsystem, es gäbe zwar eine große Differenzierung, aber da hätten alle die gleichen Chancen. – Diese Studie stammt aus dem Jahr 2002 und war ein Rückblick auf die Entwicklung der Bildungsabschlüsse in Österreich in den letzten drei bis vier Jahrzehnten. Sie kommt zum Schluss, dass nach wie vor nur 10 Prozent der Kinder von Eltern, die den niedrigsten Bildungsabschluss haben, Maturaniveau erreichen, während 80 Prozent der Kinder von AkademikerInnen Maturaniveau haben. Man kann das auch weiterspielen: 80 Prozent der SchülerInnen, die in eine AHS-Unterstufe gehen, beenden ihrer Schullaufbahn mit Matura, aber nur 12 Prozent derer, die in die Hauptschulen gehen, schließen die Schulzeit mit Matura ab. – Und angesichts dieser Fakten sagen Sie, dass die Schulorganisation Wurscht ist, Sie nicht interessiert und keine Fragen aufwirft. (Abg. Großruck: Haben Sie schon einmal die Bevölkerungsstatistik in Österreich gesehen? Da sehen Sie, wie viele in den Ballungs­zentren wohnen!)

Herr Kollege Großruck, Sie werden wahrscheinlich wieder mit einem Vierzeiler hier her kommen, aber Sie können ja dennoch auch Statistiken lesen. Sie könnten sie sich einmal anschauen. Wer ernsthaft glaubt und behauptet, dass man im Alter von zehn Jahren feststellen kann, ob ein Kind in der richtigen Schule ist, dass man im Alter von 9,5 oder zehn Jahren mit Sicherheit sagen kann, welche Kinder wir sozusagen ausselektieren können und für höhere Bildung nicht geeignet sind, welche Kinder also nicht die Chance bekommen sollen, eine höhere Bildung zu bekommen, maturieren zu können, der ist am falschen Dampfer. Genau das passiert aber in Österreich nach wie vor. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Amon.)

52 Prozent Hauptschule – das ist ja kein Widerspruch. Wenn ein Vielfaches der Kinder in die Hauptschule geht und dann immer noch mehr MaturantInnen aus der AHS-Unterstufe hervorgehen, ist das ja kein Widerspruch. Das lässt sich mathematisch relativ leicht auflösen! Die Chance, die Matura zu machen, wenn man in die AHS-Unterstufe geht, ist drei Mal so hoch wie bei einem Hauptschulbesuch, und dann gibt es eben gleich viele MaturantInnen. Na kein Wunder! Das könnte man leicht aus­rechnen; angesichts des 10. Platzes in der PISA-Studie sollte das auch Abgeordneten dieses Landes einigermaßen möglich sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Zur PISA-Studie selbst: Werner Amon, du kennst sie, du weißt, was drinnen steht. Ich schätze dich durchaus, weil man mit dir redlich über gewisse Punkte diskutieren kann, zumindest außerhalb des Hauses. Aber beim siebenten Versuch zu behaupten, dass Deutschland das Beispiel für ein Gesamtschulsystem ist, da stellt es mir irgendwie alle Haare auf, die vorhanden sind.

„Österreich und Deutschland“ – Zitat PISA-Studie – „sind Länder, in denen vom durchschnittlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Status der Schulen ein erheblicher Einfluss auf die Schülerleistungen ausgeht.“

Und weiters: „Um die Qualität und Gleichheit im Bildungswesen in solchen Ländern zu steigern, müsste den Unterschieden zwischen den Schulen besondere Aufmerk­samkeit gewidmet werden. Der Abbau der sozioökonomischen Segregation zwischen den Schulen stellt eine mögliche Strategie dar, um diesem Problem beizukommen. – Zitatende.

 


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