Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 143

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Dann kommt Sie von den Koalitionsparteien daher und sagen, Deutschland sei ein Bei­spiel dafür, dass Gesamtschulsysteme nicht funktionierten. Das ist dieses Parla­ments wirklich unwürdig, Werner Amon, das muss ich dir schon sagen! Das hat mit der Re­alität einfach nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Finnland – und damit kann man vielleicht gleich einmal die Kurve kratzen zu den Ausführungen von Kollegin Fuhrmann – hatte bis in die späten siebziger Jahre ein Bildungssystem, das dem österreichischen fast geglichen hat. Finnland und auch Schweden haben eine sehr intensive Bildungsdiskussion durchgeführt und versucht, orientiert auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens Veränderungen im Bildungs­system durchzuführen. Unter anderem darauf reflektierend, dass sich in den skandinavischen Ländern Entwicklungen wie beispielsweise die Erhöhung der Frauen­beschäftigungsquote schon viel früher durchgesetzt hat – die Erwerbsquoten von Frauen sind dort ganz andere als in Österreich –, wird klar, dass gewisse Konse­quenzen wie zum Beispiel ganztägige Schulformen ein logisches Abbild der gesell­schaftlichen Verhältnisse sind. Man hat versucht, die Schulsysteme so zu gestalten, dass soziale Gerechtigkeit halbwegs sinnvoll funktioniert und Benachteiligungen ausge­glichen werden.

Wie kann man da zu Verbesserungen kommen? Finnland ist es innerhalb von 20 Jah­ren gelungen, von einer mittleren Position in sämtlichen Studien – das kann man ja nachprüfen – an die absolute Spitze vorzudringen. Und wenn Sie einmal genauer hineinschauen und dabei feststellen, dass – und das ist ja das Faszinierende schlechthin – die SchülerInnen in Finnland die besten Leistungen bringen und dass vor allem die Unterschiede zwischen den besten SchülerInnen und denen, die die schlech­testen Leistungen bringen, nur einen Bruchteil des Unterschiedes in Österreich aus­macht, dann kann man nicht einfach behaupten, dass die Organisation unseres Schulsystems super ist. Die Finnen haben eine Gesamtschule, so ist es nun mal, sie haben eine Ganztagsschule. Sie haben ein sehr große innere Differenzierung, was im Übrigen überhaupt kein Widerspruch ist, und natürlich auch Begabungsförderung integriert. Das ist doch etwas, was man sich genauer anschauen könnte. Stattdessen geht man her und sagt – ich meine, es betrifft ja nicht uns, denn man könnte bei vielen Punkten darüber schreiben, dass das die Grünen ohnehin nicht gesagt haben –: Die SPÖ kommt aus der Steinzeit daher!

Wenn man dagegen in die skandinavischen Länder schaut, sieht man, diese haben genau die Erfolgsmodelle praktiziert, die für Österreich angebracht wären. Ich finde das langsam echt peinlich, wie diese Auseinandersetzung von Ihnen immer wieder angezettelt wird! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch ein Punkt, der mir wichtig und meiner Meinung nach für die Zukunft der Schulorganisation durchaus bedeutend ist: die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich. Das österreichische Modell der dualen Ausbildung hat dazu geführt, dass wir seit Jahren eine relativ geringe Jugendarbeitslosigkeit haben. Stimmt, da hat Kollegin Fuhrmann Recht.

Wenn man sich dann aber die Zahlen umfassender anschaut, wie es dann weitergeht, wenn man sich also die Arbeitslosenstatistik bei den Erwachsenen anschaut und schaut, welche Ausbildung Erwachsene, die in Langzeitarbeitslosigkeit landen, haben, von wo im Schulsystem sie kommen, dann stellt man auf der anderen Seite fest, dass die überwiegende Mehrheit aus der dualen Ausbildung kommt. Sie kommen also aus einer Ausbildungsschiene, die darauf ausgerichtet ist, manuelle Fähigkeiten auszu­bilden.

Da stelle ich mir jetzt schon langsam die Frage, ob dieses duale Ausbildungssystem, so wie es wir haben – also mit 15 aus dem Schulsystem raus, dann nur mehr relativ


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