Wir haben eine Koalition der gleich gesinnten Länder – sowohl kleinere als auch mittlere – von Anfang bis zum Ende dieser Konventsverhandlung und der Verfassungsverhandlung verfolgt und mitgetragen, und dabei sind eigentlich sehr wichtige Erfolge zustande gekommen: Die Zahl der Mindestsitze im Europaparlament ist von vier auf sechs erhöht worden. Das größte Land – ich danke auch für das Verständnis Deutschlands – verliert sogar drei Sitze. Das ist ein wichtiger Schritt für die ganz Kleinen.
Die Spanier und die Portugiesen wollten, dass die Bevölkerung stärker gegenüber dem Konventstext berücksichtigt wird. Es ist so, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung eine Entscheidung blockieren kann. Wir verstehen das. Aber auf der anderen Seite muss auch jede Entscheidung die klare Mehrheit der Mitgliedstaaten hinter sich haben. Der Konvent war von 13 Mitgliedstaaten ausgegangen, wir sind heute bei 15 Mitgliedstaaten beziehungsweise 55 Prozent. Und das hat immerhin sichergestellt, dass das Stimmgewicht Österreichs weitaus besser gewahrt bleibt, als etwa noch im Konventstext vorgesehen war, daher ist das für uns voll akzeptabel. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir haben die Rolle der nationalen Parlamente mit der Subsidiaritätskontrolle deutlich gestärkt. Es gibt erstmals eine Bremse, wenn das Subsidiaritätsprinzip unterdrückt oder vernachlässigt werden soll. Ein Drittel der nationalen Parlamente kann gegenüber der Kommission aktiv werden.
Meine Damen und Herren! Kompliziert wird natürlich manches sein, denn auch ich verstehe nicht ganz – der deutsche Botschafter sitzt oben auf der Galerie –, wie das Abstimmungsverhalten zwischen Bundestag und Bundesrat im Vermittlungsausschuss genau funktioniert, trotzdem ist Deutschland eine exzellente Demokratie. Manches hier ist für Insider, für Geschäftsordnungsexperten überhaupt keine Frage, für den Bürger hingegen ist es wahrscheinlich nicht unbedingt ein Muss, dies alles zu wissen.
Bedeutsam für uns war: Jetzt haben die großen Staaten zwei Kommissare, die mittleren und kleinen einen. In Hinkunft wird es einen Kommissar pro Mitgliedsland geben. Es sind alle Versuche abgewehrt worden, eine Hierarchisierung durchzusetzen oder gar den größeren Ländern ständige Kommissare und den kleineren rotierende, quasi wechselnde Besetzungen zuzuweisen. Für zehn Jahre gilt dieses Prinzip, und es kann einstimmig verlängert werden. Wenn es sich bewährt, ist das, so glaube ich, ein gutes Argument, wenn nicht, dann kann man automatisch bei völlig gleichberechtigter Rotation auf zwei Drittel zurückgehen.
Meine Damen und Herren! Wir haben eine Woche später das Personalpaket entschieden. Auch Regierungschefs sind Normalsterbliche und haben halt nicht zwei komplizierte Themen auf einmal geschafft. Aber jetzt gibt es eine überwältigende Mehrheit, fast einstimmige Zustimmung für Jose Manuel Barroso, den neuen Kommissionspräsidenten, der die Kommission für die nächsten fünf Jahre führen wird.
Eines möchte ich hier sagen, weil ich ihn gut kenne – viele Jahre lang hat er mit der Europäischen Volkspartei zusammengearbeitet und ist seit zwei Jahren Regierungschef –: Es ist immer das gleiche Spiel: Kaum kommt jemand, dann wird sofort an ihm herumgekratzt: kein Charisma, nichts durchgesetzt, Schwierigkeiten zu Hause, und, und, und.
Jose Manuel Barroso ist jemand, der langjähriger Profiaußenpolitiker ist und den Frieden in Angola mit großen Mühen zustande gebracht hat. Er hat vor zwei Jahren sein Land übernommen und das dramatische Budgetdefizit deutlich reduziert, er hat die überbordende Verwaltung reduziert und Leadership und Führungsqualität bewiesen. Dass er jetzt eine hervorragende Fußball-Europameisterschaft organisiert hat, gehört zwar nicht hier her, ist aber auch ein Punkt, der den Portugiesen insgesamt ganz gut gefällt. Im Halbfinale sind sie außerdem noch.