Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 22

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In dieser Situation gibt es eine Regierungsumbildung. Die Erwartungshaltung war in der Tat groß. Man hätte sich gedacht, der Herr Bundeskanzler nimmt die Gelegenheit wahr, um die wesentlichen Schwachpunkte seiner Regierung zu korrigieren.

Er bringt zum Beispiel einen neuen Arbeitsminister, der sich wirklich einmal um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kümmert. Er bringt eine neue Bildungsministerin, die die Bildungsmisere beseitigt, oder er bringt einen neuen Gesundheitsminister oder eine neue Gesundheitsministerin, der oder die sich wirklich um eine Reform der Gesundheit kümmert. – Nein, von all dem ist nichts zu sehen, es wird weiterhin die bisher fehlge­schlagene Politik bejubelt. Das Einzige, was es gibt, ist eine Umbildung auf FPÖ-Seite.

Der allgemeine Eindruck der österreichischen Bevölkerung von dieser Regierungsum­bildung ist klar: Sie löst kein Problem der FPÖ, sie löst kein Problem der Regierung und sie löst kein Problem unseres Landes. Das ist die Bilanz dieser Regierungsumbil­dung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Sie haben auch in Ihren heutigen Ausführungen nicht gesagt, wie Sie gedenken, die künftigen Probleme zu lösen. Wenn Sie einige der Reformerfolge genannt haben, dann, meine ich, ist bezeichnend, dass die größten Reformerfolge ohne Zutun der Bundesregierung stattgefunden haben. Ich erinnere daran, meine Damen und Herren: Die Regierungsvorlage zum Tierschutzgesetz ist meilenweit von dem entfernt, was zum Glück dann das Hohe Haus in einer Vier-Parteien-Einigung beschlossen hat. Das heißt, dort, wo eine Reform wirklich Sinn gemacht hat, war es nicht der Regierungsvor­schlag, sondern die Arbeit des österreichischen Parlaments, und das zeigt, wo echte Reformarbeit sinnvoll gemacht werden kann: hier im Hohen Haus und nicht in der schwarz-blauen Regierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie der Arbeit der Bundesheerreformkommission, mit dem ehemaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk an der Spitze, mit Recht ein positives Zeugnis ausstellen und sagen, dass das ein gutes Reformkonzept ist – auch außerhalb der schwarz-blauen Regierung erarbeitet –, dann stelle ich mir die Frage, Herr Bundeskanzler: Wie sicher sind Sie sich denn, dass diese Zilk-Reform tatsächlich hier beschlossen wird, wenn Ihr eigener Koalitionspartner vergangene Woche ausrichten lässt, mit der FPÖ sei diese Bundesheerreform nicht abgesprochen und nicht vereinbart!? (Abg. Groß­ruck: Wo leben denn Sie?) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt einen guten Vorschlag, aber keinerlei Garantie, dass die derzeitige schwarz-blaue Regie­rungsmehrheit das auch umsetzen kann.

Daher, Herr Bundeskanzler: Reformen werden immer mehr ohne Sie und nicht mit Ihnen gemacht! Das ist die Situation in Österreich im Jahr 2004.

Wenn Sie am Beginn des Baustellensommers über die Baustellen gesprochen haben, dann kann man sagen: Jawohl, Sie signalisieren Stabilität, und zwar Stabilität der Stag­nation, Stabilität steigender Arbeitslosigkeit, Stabilität größerer Belastungen der Bürge­rinnen und Bürger, Stabilität der Pensionskürzung, Stabilität der Lösungsunfähigkeit im Gesundheitssystem und Stabilität der Perspektivenlosigkeit für die österreichischen Jugendlichen auf dem Lehrstellensektor. Auf diese Art von Stabilität kann die österrei­chische Bevölkerung in der Tat verzichten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher ist diese Regierungsumbildung eine verlorene Chance. Sie hätten die Chance gehabt, durch diese Regierungsumbildung eine grundsätzliche Änderung Ihrer Politik einzuleiten. Das wäre grundsätzlich notwendig gewesen. Sie haben lediglich eine kleine Korrektur vorgenommen, die die großen Probleme des Landes nicht löst. Sie haben damit erneut eine große Chance verspielt. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

 


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