Wenn man schon sagt, das Rechtsschutzdefizit ist so groß, dass man jetzt ein Antragsrecht der KommAustria machen muss, dann hätte ich mir auch erwartet, dass man vielleicht eine Zahl hineinschreibt, etwa wie viele Beschwerden es gegeben hat, wie viele angenommen worden sind und wie sich die Beschwerdesituation seit dem In-Kraft-Treten 2001 überhaupt entwickelt hat. – Nichts!
Die Begründung für diese KommAustria-Bestimmung ist wirklich sehr dünn und beschränkt sich im Wesentlichen auf die Herstellung eines ausgewogenen Wettbewerbs. Man muss sich schon vor Augen führen, dass ausgewogener Wettbewerb in diesem Zusammenhang auf etwas trifft, was an und für sich schon ein ausdifferenziertes System ist: Publikumsrat, Stiftungsrat, Bund, Länder, nationale und EU-Verbraucherschutzverbände, Unternehmen, deren wirtschaftliche Interessen berührt sind, Rundfunkteilnehmer, 120 an der Zahl, unmittelbar geschädigte oder subjektiv betroffene Personen. Das ist die jetzige Rechtsschutzsituation.
Das reicht Ihnen nicht. Sie wollen unbedingt KommAustria mit einem Anzeigerecht ausstatten. Was schon als schaler Beigeschmack übrig bleibt: Anzeigerecht, Anzeigepflicht – auf welcher Basis agiert dann die KommAustria? Agiert die KommAustria nun nach ihrem Ermessen, weil es ihr einfach einfällt, jetzt anzuzeigen, oder auch nicht, oder wird sie auf Weisung agieren – oder auf was? (Abg. Dr. Cap: Auf Telefonanruf!)
Wenn man das schon diskutiert, dann meine ich, sie muss auf Basis der Gesetze agieren: Jede gesetzliche Verfehlung ist zu ahnden, ist von der KommAustria anzuzeigen. Aber ein institutionalisiertes Ermessensrecht, das de facto zum Zugriff über Weisung einlädt, riecht sehr stark nach politischer Intervention. (Beifall bei den Grünen.)
Sie sind Juristin, Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer. Diese Unklarheit, wann jetzt die KommAustria tätig werden soll: sie kann ein halbes Jahr gar nicht tätig werden, sie kann täglich tätig werden, ist der institutionalisierte Zugriff auf diese Rechtskontrolle. Ich finde das juristisch höchst problematisch. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie genau diese Dinge im Ausschuss mit uns auch diskutieren und auch eine Antwort darauf geben.
Auch das Justizministerium hat in seiner Stellungnahme auf diese Unklarheiten sehr deutlich hingewiesen, auch auf die problematische Situation, die dadurch entsteht, dass diese Rechtskontrolle ausschließlich einer weisungsgebundenen Behörde übertragen wird. Sie, Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer, haben dazu heute nichts gesagt. Vielleicht sagt Kollegin Bleckmann noch etwas zu dieser juristischen Problematik. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Ach ja, Kollege Böhmdorfer wird uns das noch erklären. Die Stellungnahme des Justizministeriums ist übrigens ausgezeichnet, wollte ich noch sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Der Verdacht bleibt also bestehen, dass es sich da in Zukunft ausschließlich um einen „institutionalisierten Würgegriff“ handeln könnte. Das wurde bis jetzt nicht ausgeräumt.
Bei den anderen Gesetzen, die in diesem Artikelgesetz mit geändert werden, Privatradiogesetz, Privatfernsehgesetz, geht es im Wesentlichen um Richtlinienumsetzungen. Wir wären, wie gesagt, sehr offen gewesen, da auch mitzugehen. Wir haben grundsätzlich etwas Sorge, dass die Buntheit, die Vielfalt der Radio-Szene kein politischer Schwerpunkt dieser Bundesregierung ist und vor allem die freien, nichtkommerziellen Radios nach wie vor keine Förderung genießen und auch keine Möglichkeit einer institutioneller Absicherung haben. Das ist noch ein blinder Fleck in diesem ganzen Bereich. Wir wären tatsächlich offen gewesen, aber bei einer derartigen Vorgangsweise jedenfalls nicht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
10.25