Dass es in einem entwickelten
Kapitalmarkt in einer derartigen Situation kurz vor Aussetzen des Handels der
TA-Aktie und eines 20%igen Kursverlustes noch möglich war, an der Wiener Börse
rund 550.000 TA-Aktien zum höheren Niveau von rund 14 Euro in den Markt
an zu diesem Zeitpunkt noch gutgläubige Käufer abzugeben, ist ein Skandal für
sich. Dass der Handel schließlich wegen hoher Schwankungen und nicht etwa deshalb
ausgesetzt wurde, weil das wegen eines zu erwartenden Kurssturzes von der ÖIAG
oder der TA beantragt worden wäre, rundet das Bild eines kopflosen Krisenmanagements
ab.
Schaden für die Anleger
Viele Österreicherinnen und Österreicher
sind durch den Kursverfall der Telekom Austria Aktie um 20 % am
19. August nach Bekanntwerden des Scheiterns der Verkaufsgespräche mit der
swisscom innerhalb weniger Minuten als Aktionäre der Telekom Austria geschädigt
worden, insgesamt um 1,3 Mrd. Euro. Sie waren auch im Rahmen von privaten
Pensionsvorsorgeprodukten, Investmentfonds etc. direkt betroffen. Der Kurs sackte
mit rund 11 Euro weit unter jene Marke von rund 12,50 Euro, die die
Aktie Anfang August aus eigener Kraft erreicht hatte – vor Einsetzen des
durch die Übernahmephantasie ausgelösten rapiden Anstiegs bis 19. August
auf rund 14 Euro.
Schaden für die ÖIAG
Einen schweren Imageschaden mussten
durch das Telekom-Desaster auch die ÖIAG und ihre Organe hinnehmen. Die ÖIAG
und ihre Vorstände gaben ein Bild willenloser Umsetzungswerkzeuge des
Finanzministers ab, die dann auch noch in der entscheidenden Phase von diesem
allein im Regen stehen gelassen werden.
Kein gutes Bild gibt die ÖIAG als
Eigentümer auch deshalb ab, weil offenbar keine alternativen
Unternehmensstrategien für die TA erarbeitet wurden oder erarbeitet werden
durften, die in der jetzt schwierigen Situation eine glaubwürdige Entwicklung
des Unternehmens für Anleger, Partner und Mitarbeiter der TA darstellen
könnten.
Schaden für die Telekom Austria
Schaden hat auch die Telekom Austria und
ihre Tochter Mobilkom Austria selbst genommen. Statt sich auf die Erschließung
neuer Märkte und Akquisitionen in Südosteuropa zu konzentrieren, war das
Management monatelang mit due-diligence-Prüfungen beschäftigt. Die Anleger sind
irritiert, weil keine Unternehmensstrategie seitens des Kern-Eigentümers ÖIAG
erkennbar ist, die die weitere Entwicklung der TA berechenbar machen könnte.
Fragwürdig ist auch, warum die
TA-Privatisierungsstrategie der Bundesregierung im Tausch der staatlichen
ÖIAG-Anteile an der TA gegen Anteile an der per Verfassungsgesetz ebenfalls
staatlichen swisscom enden hätte sollen. – Insbesondere, weil Österreich
derzeit bestimmender Kernaktionär an der TA ist, an der swisscom aber nur
Minderheitskationär gewesen wäre. Überdies hätte die TA nach eigenen Angaben
zum gegenwärtigen Zeitpunkt gar keinen strategischen Partner gebraucht.
Diesbezüglich existiert ein mit
3. August 2004 datiertes Gutachten der Investmentbank Morgan Stanley für
die ÖIAG, wonach klar sein musste, dass der Verkauf der Telekom Austria-Anteile
an die swisscom „außerordentlich schwierig zu bewerkstelligen ist – und
zwar hauptsächlich aus politischen, weniger aus wirtschaftlichen Gründen.“
Unklar ist, wann welchem Informantenkreis dieses Gutachten weitergegeben wurde
und welcher Personenkreis diese Weitergabe zu verantworten hat. Generell war es
bisher nicht möglich, festzustellen, wie viele Investmentberater durch die
ÖIAG, die Telekom Austria AG und das Finanzministerium mit Dienstleistungen im
Zuge des geplanten Verkaufs von TA-Anteilen beschäftigt wurden.