Grassers Verantwortung
Finanzminister Grasser, der in Medien zu
Recht den Titel „master of desaster“ zugeschrieben bekommt, trifft für das
ganze Debakel die Gesamtverantwortung. Diese teilt sich in eine politische,
wirtschaftliche und rechtliche Verantwortung.
Bundesminister
Grasser hat es als zuständiges Regierungsmitglied zu verantworten, dass er die
politischen Rahmenbedingungen für den Verkauf der TA an die swisscom vorab
nicht ausreichend geklärt hat. Bundesminister Grasser hat es als zuständiges
Regierungsmitglied ferner zu verantworten, dass er das Einvernehmen bzw. eine Zustimmung
der Regierungsparteien nicht erreichen und die erforderlichen rechtlichen
Rahmenbedingungen bzw. Gesetzesänderungen nicht sicherstellen konnte, nachdem
das Verhandlungsergebnis mit der swisscom in Grundzügen feststand.
Bundesminister Grasser hat es als zuständiges Regierungsmitglied zu
verantworten, dass die ÖIAG über kein schlüssiges Entwicklungskonzept für ihre
Unternehmen verfügt, die damit zum Spielball für Einzelinteressen werden und
bei geplanten Anteilsverkäufen regelmäßig nachteilige Ergebnisse für den
Wirtschaftsstandort Österreich, die weitere Unternehmensentwicklung und den
Veräußerungserlös erzielen.
Bundesminister
Grasser hat es als Eigentümervertreter des Bundes bei der ÖIAG zu verantworten,
dass er offenbar die Führung der ÖIAG zu einem Verkauf an die swisscom gedrängt
hat, wobei er nicht nur offensichtlich entsprechend dem ÖIAG-Gesetz vom
ÖIAG-Vorstand über Inhalt und Fortgang der Verhandlungen informiert war, sondern
sich dem Vernehmen nach in der Folge auch laufend in die Verhandlungen eingemischt
bzw. diese persönlich begleitet hat, unter anderem durch ein Treffen mit dem
Schweizer Finanzminister. Er hat das Debakel daher auch im Ergebnis zu verantworten,
sowohl die negativen Auswirkungen für den Finanzplatz Österreich, die wirtschaftliche
Zukunft der Telekom Austria und der Mobilkom Austria, als auch den Kursverlust
von mehr als 1 Milliarde Euro, der viele Anleger schmerzhaft getroffen
hat.
Bundesminister
Grasser hat als Eigentümervertreter des Bundes bei der ÖIAG, als Initiator und
selbst Hand anlegender Wegbegleiter der Verkaufsgespräche jede kaufmännische
Sorgfalt vermissen lassen. Er hat als Eigentümervertreter des Bundes bei der
ÖIAG aufwändige Verhandlungen, due-diligence-Prüfungen und andere Dispositionen –
beispielsweise die Beauftragung teurer Beraterfirmen – mit initiiert bzw.
zugelassen, ohne sich vorher mit einem Mindestmaß an Sorgfalt und Umsicht einer
Rückendeckung der gesamten Bundesregierung bzw. der Regierungsparteien für die
von ihm angestrebte swisscom-Lösung zu versichern. Bundesminister Grasser hat
als Eigentümervertreter des Bundes bei der ÖIAG und durch seine persönliche
Involvierung in die Verkaufsverhandlungen auch das fehlende Krisenmanagement
und die mangelhafte Informationspolitik nach dem Scheitern der Verhandlungen
mit der swisscom zu verantworten. Er hat daher auch zu verantworten, dass die
TA-Aktie nicht rechtzeitig auf Antrag des Unternehmens aus dem Handel genommen
wurde, sodaß Insidergeschäfte zum Nachteil anderer gutgläubiger Marktteilnehmer
erst möglich wurden.
Aus den angeführten Gründen ist dem
Bundesminister für Finanzen gemäss Artikel 74 Abs. 1 B-VG das
Vertrauen zu versagen.
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Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in der Debatte weiter.
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Stummvoll. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.