Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 66

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16.17

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich komme wieder zur Sache nach diesen etwas großzügigen Ausschweifungen meines Vorredners. (Abg. Scheibner: Da sind wir schon sehr gespannt!)

Herr Finanzminister! Ihr „Privatisierungscoup Swisscom-Telekom“ hat in der Fach­presse, wie uns heute schon sehr anschaulich vor Augen geführt wurde, wirklich eine total desaströse Kritik eingehandelt.

Schauen Sie nur in den Pressespiegel, Herr Minister! Da ist zu lesen: Verkauf – Ausverkauf. – Breite Front gegen Ausverkauf des Landes. – Völlig desaströs. – Ich als Oppositionsabgeordnete brauche das nur noch einmal als Ausgangspunkt festhalten.

Herr Finanzminister, zweitens geht es um die Sache: Auf dem Spiel steht eines der kompetentesten österreichischen Unternehmen vom Blickwinkel der Beschäftigtenzahl, der wirtschaftlichen Potenz und auch der Möglichkeiten der Expansion.

Dieses Unternehmen hat einen Anteil von nicht unerheblichen 42 Prozent im staat­lichen Eigentum, und ich spreche jetzt absichtlich als Eigentümer-Vertreterin und Steuerzahler-Vertreterin: Wir haben hier eine große Möglichkeit wirtschaftspolitischer, beschäftigungspolitischer und sicherlich auch standortpolitischer Gestaltung. Unser Desaster und Ihr Desaster dabei ist dieser so genannte „Privatisierungsauftrag“. Dieser Privatisierungsauftrag sollte Ihnen ja täglich auf der Zunge zergehen, denn dieser ist praktisch wie eine eierlegende Wollmilchsau. (Abg. Scheibner: Das zergeht mir alles nicht auf der Zunge!)

Sie wollen viel Ertrag für das Budget haben, Sie wollen gleichzeitig den Standort sichern, Sie wollen das Unternehmen entwickeln, Sie wollen die Börse bedienen, und Sie wollen auch für Beschäftigung sorgen. – Diese fünf Ziele gleichzeitig zu erreichen – das wird Ihnen jeder Fachmann sagen, und das wird Ihnen Herr Direktor Wieltsch mit Wonne und Vergnügen täglich erklären –, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das ist ein circulus vitiosus, das geht nicht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Finanzminister! Die Ehrlichkeit haben Sie noch nie an den Tag gelegt, mir zu sagen, was jetzt das vorrangige Ziel ist. Worum geht es vorrangig? Geht es um die Beschäftigung? Geht es um das Unternehmen? Geht es um den Standort? Oder geht es um das Budget?

In diesem ständigen Zielkonflikt, zwischen fünf Zielen entscheiden zu müssen, lavieren Sie, und zwar lavieren Sie mit relativ viel Missgeschick und relativ viel Schaden auch für den österreichischen Wirtschaftsstandort und für das zentrale Telekommuni­kations­unternehmen Österreichs.

Nur ein ganz kleines Beispiel: Es ist schon von Bedeutung, ob die Telekom wirklich allen ÖsterreicherInnen Breitband-Internetanschluss zur Verfügung stellt oder nicht.

Wir haben oft darüber diskutiert – ich schaue gerade in Richtung der Bürgermeister der ÖVP, auch in Richtung der Bauernbundvertreter –: Es haben auch die Menschen in den kleinen Ortschaften, die Menschen in den hintersten Tälern Anspruch auf eine gute Infrastruktur! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es haben auch die Unternehmen dort Anspruch auf Wett­bewerbsgleichheit. Es macht einen Unterschied, ob ein ausländischer Konzern ent­scheidet: hier investiere ich nichts, weil mir das wenig Gewinn bringt!, oder ob wir es in der Hand haben, über die Telekom mit österreichischem Kernaktionärseigentum dort auch den Auftrag zu geben, dass die Unternehmenspolitik diese Entwicklungsaufgaben übernimmt. Das ist der zentrale Punkt.

 


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