Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 69

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16.28

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich glaube, die Notwendigkeit und die Wichtigkeit dieser Sondersitzung haben sich vor allem daran gezeigt, dass sich diese Regierung ausschließlich in Polemik erschöpft hat, während wir versucht haben (ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen), die VA-Tech vor der Zerschlagung zu retten, weil uns die österreichische Industriepolitik wahrlich am Herzen liegt – im Unterschied zu Ihnen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, auch wenn Sie gerade damit beschäftigt waren, Papierflieger zu basteln, möchte ich Sie doch beim Wort nehmen, wenn Sie heute gesagt haben, dass bei dem Verkaufsvorhaben rund um die Telekom Austria alles rechtens war, Sie nichts zu verheimlichen haben und es keinen Missbrauch von Insider-Informationen gegeben hat. Ich nehme Sie gerne beim Wort, und daher stellt sich für mich die Frage: Warum scheuen Sie dann das Licht der Öffentlichkeit, Herr Bundeskanzler? Warum richten wir nicht einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein, um genau das zu über­prüfen und uns die Akten über den Vorgang rund um den Verkauf anzusehen? (Abg. Mag. Molterer: Weil es die Finanzmarktaufsicht ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Wenn Sie nichts zu verheimlichen haben, dann stimmen Sie zu! Dann sorgen Sie dafür, dass Licht in diese dunkle Angelegenheit kommt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Neben der Polemik gab es natürlich eine Reihe von sehr aggressiven und falschen Rundumschlägen, angeführt von Klubobmann Molterer bis hin zu meinem Kollegen Scheuch am Schluss. Ich möchte mich damit nicht befassen, weil ich mich in der Regel in der Politik mit Fakten befasse. (Abg. Scheibner: Das wäre aber das erste Mal, Frau Kollegin! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist dann aber Ihre Jungfernrede!)

Ich möchte Ihnen sagen, Faktum eins ist, dass Österreich durch Ihre Politik mit der höchsten Steuer- und Abgabenquote konfrontiert ist und dass die Steuererhöher in diesem Land auf dieser Regierungsbank sitzen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mol­terer: Matznetter ... erhöhen!) Für die Sozialdemokratie geht es darum, dass wir jedenfalls gegen eine Erhöhung dieser Steuer- und Abgabenquote sind (Abg. Scheibner: Was ist jetzt mit dem Matznetter-Papier?) und für mehr Steuergerechtigkeit (Abg. Scheibner: Erbschaftssteuererhöhung, Mietenerhöhung ...!), aber zum Beispiel nicht für eine Amnestie und nicht für eine Steuerreform, die ausschließlich ein paar große Unternehmen begünstigt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Faktum zwei ist, dass wir in Österreich seit 50 Jahren die höchste Arbeitslosenrate haben: 232 418 Menschen, die keine Beschäftigung haben und denen Sie nur mit Ignoranz und Tatenlosigkeit gegenüberstehen!

Faktum drei – um über die Fakten Ihrer Politik zu reden – ist Ihre Finanzpolitik, Herr Bundesminister Grasser. Sie haben vom Nulldefizit gesprochen; alle wissen, dass das leere Luftblasen waren. Wir haben heute die höchste Staatsverschuldung mit 145,5 Milliarden €, das sind um fast 11 Prozent mehr als vor vier Jahren. (Abg. Scheibner: Das darf ja nicht wahr sein, dass Sie das ansprechen! Das ist ja nicht Ihr Ernst!) Das haben Sie zu verantworten, und das ist ein wirtschaftspolitisches Faktum in dem Land! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Faktum vier ist die Diskussion, die wir heute hier führen: dass es Generationen vor uns gegeben hat, die mit Entbehrungen ein Vermögen, ein österreichisches Vermögen geschaffen und erwirtschaftet haben, das Sie, diese Bundesregierung, heute in einer sehr unverantwortlichen Art und Weise in Wirklichkeit verschleudern! Ob es der versuchte Verkauf der Telekom ist, ob es die Austria Tabakwerke sind, ob es 60 000 Wohnungen sind, die Sie an Investoren verschleudern – bei Ihnen werden die


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