Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll76. Sitzung / Seite 46

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Was wird künftig sein? – Schauen Sie, Frau Außenministerin, wir haben uns natürlich an dem Tag, an dem Barroso bekannt gegeben hat, dass Sie diese Funktion mit diesem Arbeitsbereich innerhalb der Kommission einnehmen sollen, mit der Frage be­schäftigt, wie Barroso das definiert. Wenn Sie sich die betreffende Presseaussendung der EU-Kommission in Brüssel vom 12. August ansehen, dann können Sie dort Folgen­des lesen:

„Im Bereich Außenpolitik hebt Barroso die Notwendigkeit einer wirksamen Koordinie­rung hervor. Er wird in der Gruppe der Kommissare für Außenbeziehungen den Vorsitz führen. Große Bedeutung wird der EU-Nachbarschaftspolitik beigemessen, die dem Zuständigkeitsbereich des Kommissionsmitglieds für Außenbeziehungen übertragen wird. Die Gruppe der Kommissare soll unter anderem die Ankunft des neuen Außen­ministers in der Kommission vorbereiten und den Europäischen Diplomatischen Dienst ausgestalten. Der Außenminister soll mit seinem Eintritt in die Kommission als Vize­präsident für Außenbeziehungen zuständig sein.“

Die Botschaft, die Ihnen da Barroso übermittelt, lautet: Er als Kommissionspräsident will maßgeblich die Außenpolitik koordinieren, und seine und Ihre Aufgabe wird es sein, Frau Außenministerin, bereits jetzt die Strukturen herzustellen, damit letztlich Solana als gemeinsamer Außenminister die Außenpolitik bestimmen kann.

Sie werden da also einer Männer-Phalanx gegenüberstehen, und wir hoffen, dass Sie sich da trotzdem mit Ihrer Energie werden durchsetzen können (Abg. Mag. Molterer: Keine Sorge!), und zwar jetzt schon und auch später. Es muss nicht alles so sein, wie es sich Barroso vorstellt. Es wäre für uns erfreulich, wenn Sie da wirklich einiges tun könnten.

Letzter Punkt, Frau Außenministerin: die aktuelle Diskussion über die Frage: Beitritt der Türkei zur EU: ja oder nein? – Sie werden diese Frage auch in der Kommission zu behandeln haben.

Wenn die Türkei beiträte, so würde kein Stein auf dem anderen bleiben, sagt eine Studie in der heutigen Ausgabe des „Standard“. Die Nettozahler könnten nicht einmal mehr bestimmen, in welcher Höhe sie ihre Nettozahlungen zu entrichten hätten. Es würde ein gigantischer Finanzaufwand notwendig sein, denn dann wären innerhalb der EU 25 Millionen Bauern in der Landwirtschaft tätig. Es würde da allein von 2015 bis 2018 eine Summe von 45 Milliarden € an Transfergeldern seitens der EU zu bezahlen sein.

Das ist eine gigantische Herausforderung! Sie sehen, es gibt in dieser Frage sehr viele Bedenken, sehr viel Kritik, eine große Diskussion. Wir meinen, es wäre sehr klug, da ein EWR-ähnliches Modell anzudenken, minus Freizügigkeit im Arbeitnehmerbereich und im Bereich der Landwirtschaft, denn da geht es um extrem hohe Geldbeträge, wenn man das nicht in den Griff bekommt. Also es wäre klug, zu versuchen, den Ver­handlungsprozess in diese Richtung zu führen. Verhandeln soll man selbstverständ­lich, aber den Verhandlungsprozess soll man mehr in diese Richtung führen – und nicht in Richtung Perspektive für einen EU-Beitritt, wobei ein Teil der Verhandler meint, es seien ohnehin nur Scheinverhandlungen, und dann lässt man das Ganze scheitern.

Ich glaube, das wäre kein kluger Weg, und mich würde Ihre Meinung dazu interessie­ren. Ich denke, dass es wichtig wäre, dass man gerade hier besondere Sorgfalt an den Tag legt und die Skepsis in der Bevölkerung berücksichtigt. Vergessen Sie nicht: Sie haben uns einmal in einem Außenpolitischen Rat so nebenbei gesagt, um 2007 wer­den dann noch Rumänien und Bulgarien beitreten. – Das ist auch keine Kleinigkeit, und das sei Ihnen noch mitgegeben.

 


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