Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll76. Sitzung / Seite 74

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ordentlich kracht und scheppert, weil die Bürgerinitiativen und Petitionen der Menschen von den Regierungsparteien ganz einfach nicht ernst genommen werden. Nach Mög­lichkeit versucht man, sie zu vertagen oder bloß zur Kenntnis zu nehmen. Nur ganz, ganz wenige finden den Weg in die entsprechenden Ausschüsse, aber dort bleiben sie auch wieder liegen, weil die Regierungsparteien verhindern, dass sie dort auf die Tagesordnung gelangen und behandelt werden. Das ist der Weg einer Petition oder einer Bürgerinitiative, das passiert damit bei uns im Parlament, und nichts anderes, und nur das! Das möchte ich hier jetzt einmal festhalten, weil sich die BürgerInnen, die die Bürgerinitiativen einbringen, oft wundern, warum das alles so lange dauert bezie­hungsweise warum sich in diesem Bereich nichts tut. Es dauert so lange und es tut sich deshalb nichts, weil es immer vertagt wird, und so lange es auch dauert, es wird immer wieder vertagt. Wenn sich dann im Endeffekt gar nichts mehr tut, dann wird zur Kenntnis genommen, und für die Leute war die ganze Arbeit umsonst und ist pfutsch. Das ist das Bild, das der Wahrheit entspricht, und das möchte ich hier schon einmal festhalten, denn die Leute wollen auch wissen, was los ist! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich denke, es ließe sich locker eine Statistik erstellen, die meine Aussagen bestätigt, wir bräuchten uns nur anzusehen, wie viele Bürgerinitiativen und Petitionen zur Kennt­nis genommen und wie viele wie oft vertagt worden sind. Wie viele haben in den Aus­schüssen tatsächlich ihren Platz auf den Tagesordnungen gefunden? Ich garantieren Ihnen: 50 Prozent sind vertagt worden, 30 Prozent sind zur Kenntnis genommen wor­den, 25 Prozent liegen irgendwo in den Ausschüssen und 5 Prozent waren auf den Tagesordnungen. Wenn das ein gutes Ergebnis sein soll: Na servus! Ich finde das absolut nicht.

Dass das wirklich so ist, möchte ich jetzt am Beispiel einer einzigen Petition bezie­hungsweise Bürgerinitiative darstellen. Es geht dabei um die Anerkennung der Gebär­densprache. Ich weiß es zwar nicht genau, aber wir behandeln das im Parlament bereits seit etwa acht Jahren. Die gehörlosen Menschen, die strampeln sich ab, um endlich das Recht zu bekommen, dass ihre Sprache auch als Sprache anerkannt wird. Zuerst hat man das ewig vertagt, dann hat man versucht, das Ganze hinauszuzögern, und dann hat man einen Unterausschuss eingerichtet. Bei einem Unterausschuss weiß man ohnehin, worum es sich dabei in der Regel handelt, nämlich praktisch um ein Begräbnis für die betreffende Angelegenheit. Dass es in diesem Fall kein Begräbnis geworden ist, dafür habe ich gesorgt. Wir haben zunächst einmal die Konstituierung gehabt, dann war ein halbes Jahr lang wieder nichts. Nach dem halben Jahr bin ich dann einmal ganz wild geworden. Wir haben dann eine Enquete gehabt, und jetzt gibt es den Enquetebericht – und seither geschieht wieder nichts!

Frau Rossmann, jetzt geht es um das offene Ohr des Herrn Ministers, das Sie ange­sprochen haben. So offen dürfte das allerdings nicht sein. Sie wissen, dass im Regie­rungsübereinkommen steht, dass die Gebärdensprache als Sprache anerkannt wird. Punkt! Das ist einmal das Erste. Das Zweite: Es hat einen Vorentwurf gegeben zu einem Behindertengleichstellungsgesetz, in dem die Gebärdensprache noch enthalten gewesen ist. Jetzt gibt es einen Entwurf, der versandt wurde, und in diesem ist die An­erkennung der Gebärdensprache plötzlich nicht mehr enthalten. Das bedeutet, man hat das Thema „gehörlose Menschen und Anerkennung der Gebärdensprache“ inzwischen wieder entsorgt.

Wenn jetzt gesagt wird, man müsse das in der Bundesverfassung, im Artikel 8 oder wo auch immer unterbringen, dann muss ich sagen: Das ist das doch alles ein Schmäh! Bitte, wer glaubt Ihnen das noch? Sie können das schon irgendwo unterbringen, aber es fragt sich nur, wann sie das tun werden. Da werden wir wahrscheinlich früher ein Behindertengleichstellungsgesetz haben. Außerdem wir ja die Bundesverfassung jetzt


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