Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll76. Sitzung / Seite 160

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hohes Lebensalter erreichen, und dass wir mit derartigen Begrifflichkeiten auch sehr sensibel umgehen sollten und uns überlegen müssen, welches Signal wir aussenden, wenn wir in politischen Debatten immer wieder von „Überalterung der Gesellschaft“ reden. Ich rufe dazu auf, diesen Begriff zu vermeiden. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt, zu dem ich hier Stellung nehmen möchte, ist natürlich immer im Mit­telpunkt familienpolitischer Grundsatzdebatten. Das sind die unterschiedlichen Famili­enbilder, die die unterschiedlichen gesellschaftlichen Strömungen vor Augen haben, wenn Sie Maßnahmen diskutieren. In diesem Zusammenhang möchte ich in Erinne­rung rufen, dass sich das private Zusammenleben, das Familienbild in den letzten Jahrzehnten massiv verändert hat, vor allem dadurch, dass sich das Frauenbild sehr stark verändert hat. Wenn ich Ihnen in Erinnerung rufe, dass noch vor 27 Jahren – das ist in einem historischen Ablauf ein sehr kurzer Zeitraum – der Mann das Oberhaupt der Familie war und darüber bestimmen konnte, ob seine Frau berufstätig sein darf oder nicht, und wir heute bei einer Frauenerwerbstätigkeit von ungefähr 60 Prozent stehen, dann sehen wir, welch rasanter Wandel sich hier vollzogen hat, was natürlich auch zu unterschiedlichen Formen, Ausprägungen der Privatheit, der Lebensverhält­nisse führt.

Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass alle unterschiedlichen Lebensformen, ob AlleinerzieherInnen, Patchwork-Familien, die traditionelle Kleinfamilie, gleichge­schlechtliche Partnerschaften oder andere, den Anspruch an die Politik stellen können, den gleichen Schutz und die gleiche Unterstützung zu bekommen. Es ist mir sehr wich­tig, das in einer derartigen Grundsatzdebatte festzuhalten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

In diesem Zusammenhang ist es natürlich bedauerlich, wenn Experten, die, in dem Fall von ÖVP-Seite, nominiert waren, davon reden, dass man ja gleich Personen, die mit Katzen und Hunden zusammenleben, als Familie bezeichnen könnte. Ich glaube, derart lächerlich sollte man ernsthafte Forderungen nicht machen.

Letzter Punkt: Familienarmut. Familienarmut ist ein ganz wichtiger Punkt, bei dem wir uns vor Augen halten müssen, wo wir ansetzen müssen. Der erste wichtige Punkt ist, dass Frauenerwerbstätigkeit die wichtigste Maßnahme gegen Familienarmut ist. Wir wissen, dass besonders jene Familien, wo mehrere Kinder und nur ein Erwerbsein­kommen vorhanden sind, extrem armutsgefährdet sind. Das heißt, alle Rahmenbedin­gungen, die wir setzen, um Frauenerwerbstätigkeit zu unterstützen, sind wichtige Maß­nahmen auch zur Vermeidung von Familienarmut.

Einen zweiten Punkt möchte ich auch noch kurz ansprechen, nämlich die Frage der bedarfsorientierten Grundsicherung. Ich glaube, dass es dringend notwendig ist, die politische Debatte in den nächsten Jahren in die Richtung zu führen, dass wir das System der Sozialhilfe dringend überdenken müssen, reformieren müssen, dass wir hier vereinheitlichen müssen, zu einem besseren System führen müssen, und zwar mit einem Rechtsanspruch für die Betroffenen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt auf dem Weg hin zu einer bedarfsorientierten Grundsicherung, der ein wichtiger und entschei­dender Beitrag zur Bekämpfung von Armut, in dem Fall Familienarmut, in der Gesell­schaft wäre. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.55

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


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