Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll76. Sitzung / Seite 191

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dern Gebärdensprachdolmetscher, denn Gebärden kann man nicht dolmetschen, sondern nur Gebärdensprache.

Ich möchte das sagen, damit endlich einmal klar ist, worum es geht: um Gebärden­sprachdolmetscher – und nicht um „Gebärdendolmetscher“. Aber das nur so neben­bei, zur Erweiterung Ihres Wissens zum Thema Gebärdensprache.

Mein Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht mehr jung; ich habe ihn zum ersten Mal im November 1999 gestellt; dazwischen immer wieder – und jetzt kommt es endlich einmal zu einer ersten Lesung. Worum geht es? – Es geht darum – das habe wir ja bereits heute schon einmal besprochen –, dass Gebärdensprache noch immer nicht als Sprache anerkannt ist, obwohl allen klar sein muss, dass Gebär­densprache eine Sprache ist. Sprachen sind in Österreich anerkannt, nur die Gebär­densprache eben nicht.

Es wurde uns zuerst versprochen, dass die Gebärdensprache als Teil des Behinder­tengleichstellungsgesetzes als Recht zustande kommen soll. Jetzt ist aber dieser Punkt aus dem Behindertengleichstellungsgesetz wieder gestrichen worden – und uns wurde versprochen, dass die Verankerung der Gebärdensprache als Sprache im Bun­des-Verfassungsgesetz verankert wird, und darauf zielt auch mein Antrag ab.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wiederhole mich jetzt vielleicht, aber das ist wich­tig, damit Sie endlich einmal verstehen, worum es geht. Es geht darum, dass gehörlose Menschen nicht gezwungen werden dürfen, die Lautsprache zu erlernen, nur damit wir Hörende sie verstehen können. Gebärdensprache muss als Sprache anerkannt wer­den! Es ist unsere Pflicht als Hörende, uns die Gebärdensprache anzueignen, damit wir auch mit Gehörlosen kommunizieren können. Es ist nicht die Pflicht der Gehör­losen, dass sie die Lautsprache lernen, denn das ist für sie eine andere Sprache, eine Fremdsprache. Ihre Sprache ist die Gebärdensprache!

Es gibt immer wieder auch den Wunsch von vielen, dass man sich Implantate in den Kopf einsetzen lassen soll, damit man vielleicht ein bisschen etwas hört. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist jedermanns und jederfraus eigene Sache, ob sie diese Operation machen kann und machen will – unabhängig davon, dass damit noch lange nicht sichergestellt ist, dass das auch tatsächlich etwas bringt. Viele Menschen fühlen sich einfach in ihrer Sprache, eben in der Gebärdensprache, sehr wohl, und deswegen darf man ihnen ihre Sprache auch nicht nehmen, sondern muss diese Sprache auch gesetzlich anerkennen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, es würde niemandem schaden, wenn bereits in der Volksschule alle Kinder die Möglichkeit erhalten würden, Gebärdensprache als Sprache zu erlernen. Frau Ab­geordnete Rossmann hat heute etwas gesagt, was ich positiv finde: dass es nicht mehr sein darf, dass in Klassen, in denen gehörlose Kinder sind, LehrerInnen unterrichten, die selbst nicht die Gebärdensprache beherrschen. Das geht einfach nicht – und außerdem leidet dadurch auch die Qualität des Unterrichtes! Die Kinder werden so geradezu zu einer schlechteren Ausbildung gezwungen; auch ihr Wortschatz wird ent­sprechend eingeschränkt, weil nämlich die Gebärdensprache aus einem völlig anderen Wortschatz als die Lautsprache besteht.

Das müssen Sie endlich einmal kapieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie es zu, dass in Österreich Gebärdensprache als Sprache anerkannt wird – und nicht irgendwie so als Nebending behandelt wird, indem man sagt: So viele sind es ja nicht, die diese Sprache sprechen! – Es geht nicht darum, wie viele es sind, sondern es geht um das Recht auf die eigene Sprache! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

 


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