Ich bin neugierig, wann endlich die Gebärdensprache in die Bundesverfassung aufgenommen wird, wie das ja schon seit Monaten versprochen wird. Ich sehe noch keinen diesbezüglichen Antrag; ich weiß darüber noch gar nichts. Weil die Regierungsparteien immer wieder behaupten, ja das käme jetzt ohnehin, und zwar ganz schnell, frage ich: Wo ist denn bitte dieser Antrag, den wir dann endlich gemeinsam abstimmen können, ein Antrag, in dem auch ein diesbezüglicher Zeithorizont festgelegt wird?!
Es bringt doch nichts, wenn wir jetzt einen Entschließungsantrag verabschieden, sodass ein Vorschlag dann irgendwann einmal und vielleicht von den Regierungsparteien kommt, wenn darin kein Zeithorizont enthalten ist! Dann warten gehörlose Menschen doch auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, bis ihre Sprache anerkannt wird!
Ich erwarte mir, sehr geehrte Damen und Herren, dass zumindest ab 1. Jänner 2005 sichergestellt ist, dass Gebärdensprache als Sprache anerkannt wird. Das ist nicht zu viel verlangt. Sie wissen es seit Jahrzehnten. Handeln Sie endlich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Sie sehen ja, wenn jetzt die GebärdensprachdolmetscherInnen hier vor uns in der Sprache der Gehörlosen sprechen, Sie sind großteils, zumindest jene, die aufpassen, fasziniert von dieser Sprache. Also warum lassen Sie es sich entgehen, dass diese Sprache als Sprache in Österreich anerkannt wird? Das müsste doch auch in Ihrem Interesse sein! Es ist eine lebhafte Sprache, und es ist eine interessante Sprache. Ich glaube, für Österreich wäre das eine Bewusstseinserweiterung, wenn wir diese Sprache endlich auch in unserem Land als Sprache ganz klar neben anderen Sprachen anerkannt hätten, und es eine Selbstverständlichkeit ist, dass auf Ämtern, in Behörden, bei Ärzten, in Schulen und auch im alltäglichen Leben die Gebärdensprache als gleichwertige Sprache anerkannt wird. Es wäre auch für junge Leute, denke ich mir, wenn es in der Schule angeboten wird, eine Herausforderung, diese Sprache zu lernen. Es wäre für uns alle eine Wissenserweiterung, wenn wir wüssten, dass wir in der Lage sind, auch mit gehörlosen Menschen zu kommunizieren.
Ich möchte Ihnen noch zum Abschluss eine kurze Episode erzählen, die ich erlebt habe. Vor ein paar Jahren war in der Hofburg ein weltweiter Kongress von gehörlosen Menschen. Dort war auch eine große Ausstellung von Bildern. Ich bin hingefahren, habe ein Bild gesehen und wollte wissen, von wem es ist und was es zirka kostet. Ich habe zum ersten Mal verstanden, was es heißt, gehörlos zu sein. Ich war dort die einzige Hörende, und ich konnte niemanden fragen, weil ich die Gebärdensprache nicht beherrschte. Ich war dort nur zwei Stunden, aber Sie können sich nicht vorstellen, was das für mich für ein Stress war: nämlich zwei Stunden irgendwo zu sein, etwas fragen zu wollen oder zu müssen und nicht fragen zu können, weil man die Sprache, die man selber spricht, nicht versteht.
Für mich war diese Situation begrenzt auf zwei Stunden, aber gehörlose Menschen sind ihr Leben lang in dieser Situation, die ich für zwei Stunden bereits als Stresssituation empfunden habe.
Hören wir doch auf, Behinderungen zu schaffen, indem wir Sprachen verbieten, sondern schaffen wir Behinderung ab, indem wir die Gebärdensprache als Sprache zulassen, denn das ist ein Fortschritt für gehörlose Menschen, und der muss endlich auch in Österreich passieren! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
20.53
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Brader. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.
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