Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 79. Sitzung / Seite 70

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wenn man weniger Steuern zahlt, a) der Rest besser verteilt ist und b) die Wirtschaft deswegen wächst. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Es gibt dazu ein paar ganz interessante Beispiele aus Skandinavien, die Sie sicher kennen, die Sie nur hier – wie so viele Dinge – einfach nicht sagen, weil es Ihnen nicht in den Kram passt.

Am Beispiel Schweden: Schweden hat eine Abgabenquote von – man höre und stau­ne – 50,7 Prozent (Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie das?) und 2,8 Prozent Wachstum – das heißt: 1 Prozent mehr. (Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie das? – Sie wollen eine höhere Abgabenquote, und Van der Bellen macht ...!) Ich sage nur, dass es nichts mit Wirtschaftswachstum zu tun hat. – Ich will, dass es ein höheres Wirtschaftswachstum gibt, und das hat ganz offensichtlich nichts mit der Höhe der Abgabenquote zu tun, weil es nämlich auch bei hohen Abgabenquoten hohes Wachstum gibt. (Beifall bei den Grü­nen.)

Schweden hat darüber hinaus, und das ist mir noch viel wichtiger, höhere Bildungsaus­gaben – das sind Investitionen in die Zukunft –, Schweden hat eine wesentlich höhere Frauenbeschäftigung, und Schweden hat ein flächendeckendes Kinderbetreuungssys­tem (Abg. Dr. Glawischnig: ... höhere Geburtenrate! – Ruf bei der SPÖ: Die Frauen arbeiten!) – und das ist das, was Sie, Herr Kollege Kopf, als „moderne Sklaverei“ be­zeichnen. Diese Zustände bezeichnen Sie als „moderne Sklaverei“: eine hohe Abga­benquote (Abg. Kopf: Der Staat nimmt mir und gibt mir das, was er glaubt, dass ich brauche!), die allerdings zu flächendeckenden Kinderbetreuungseinrichtungen führt – diese sind aus Ihrer Sicht „moderne Sklaverei“ –, eine hohe Frauenarbeitsquote ist „moderne Sklaverei“, wenn es nach Ihnen geht, hohe Bildungsausgaben sind „mo­derne Sklaverei“. – Das ist das, was Sie gesagt haben. (Abg. Kopf: Das habe ich nicht gesagt!)

Ich werde Ihnen sagen, was „moderne Sklaverei“ ist, wenn es nach mir geht: Das ist nämlich Ihre Politik, die Frauen wieder zurück an den Herd zwingt (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ), die Rahmenbedingungen schafft, unter denen Frauen nicht genug Einkommen haben, weil sie nämlich keine Vollzeit-Arbeitsplätze mehr bekommen und daher ihre Pensionen auch nicht entsprechend finanzieren kön­nen. Ihre Politik führt dazu, dass Frauen wieder in zunehmende Abhängigkeit geführt werden – und das nenne ich „moderne Sklaverei“! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist also völlig unsinnig, die Höhe der Abgabenquote quasi heilig zu stellen (Abg. Dr. Cap: Selig! Heilig kommt später!) – Sie machen hier dasselbe, wie Sie es mit dem Nulldefizit gemacht haben. Sie haben gesagt: Nulldefizit ist heilig, dann wird alles wie­der besser werden. Dasselbe machen Sie jetzt mit der Abgabenquote. Und Sie werden in ein paar Jahren draufkommen, dass es auch mit der Abgabenquote nicht stimmt: dass es nämlich durchaus Sinn haben kann, eine gewisse Abgabenquote in einer gewissen Höhe zu haben. Die Frage ist nämlich nur, wie Sie sie verwenden. – Und das ist der große Streitpunkt zwischen uns: Wie verteilen Sie denn die Einnahmen, die Sie hereinbekommen, um?

Was Sie machen, ist Folgendes: Sie senken die Abgabenquote, „entlasten“ – unter Anführungszeichen – zum Beispiel in sehr hohem Ausmaß Kapitalgesellschaften, aber Sie schauen nicht: Wer leidet darunter? (Abg. Dr. Cap: Alle Arbeitnehmer!)

Leiden tut in Österreich momentan in erster Linie die Bildung, die Universität. Und wenn Sie sich – was Sie ja vermutlich getan haben – das Budget anschauen (Abg. Dr. Cap: Tantalos!), dann werden Sie sehen, dass 2005 nicht mehr, sondern weniger Ausgaben sowohl für das Kapitel „Bildung und Kultur“ als auch für das Kapitel „Univer­sitäten“ vorgesehen sind.

 


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