Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 50

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Der Budgetvoranschlag für 2005 sieht im Bereich des Asyl- und Fremdenwesens für die Flüchtlingsbetreuung und Integration Ausgaben von 106,688.000 € vor, was im Vergleich zum Jahre 2004, wo 52,862.000 € im Budget veranschlagt wurden,, mehr als eine Verdoppelung bedeutet .

Bei der Zahl der Asylsuchenden und ihrer Herkunftsländer bestehen große Unter­schiede zwischen den Ländern der Europäischen Union. In Frankreich beläuft sich die Zahl der Asylsuchenden auf 51.360, in Deutschland auf 50.445, in Großbritannien auf 49.369 und in Österreich auf 32.342. Im Jahr 2003 beliefen sich die Asylanträge in den EU-Staaten Großbritannien auf 61.050, in Frankreich auf 51.360, in Deutschland auf 50.450 und in Österreich auf 32.340. Österreich ist daher trotz aller Bemühungen eines der Hauptzielländer für Asylsuchende und Wirtschaftsflüchtlinge.

Am Freitag den 15. Oktober 2004 gab der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung über die Anfechtungen einzelner Bestimmungen des Asylgesetzes 2003 bekannt. Die Anträge der Oberösterreichischen und der Wiener Landesregierung sowie des Unab­hängigen Bundesasylsenats wurden teilweise aus formalen Gründen zurückgewiesen, zum Großteil hielten auch die übrigen angefochtenen Bestimmungen des Asylgesetzes der Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof stand. Nur in drei Punkten, nämlich beim Neuerungsverbot, beim generellen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Ausweisung im Dublin-Verfahren und bei der Verhängung von Schubhaft, wurde den Antragstellern, und hier auch nur teilweise, Recht gegeben.

Das Neuerungsverbot des Asylgesetzes sah als eine von vier Ausnahmen vor, dass ein Asylwerber in zweiter Instanz nur dann neue Beweise vorbringen durfte, wenn er "aufgrund einer medizinisch belegbaren Traumatisierung" nicht in der Lage war, diese in erster Instanz vorzubringen. Diese Bestimmung ist für den Verfassungsgerichtshof zu eng gefasst, weshalb sie ersatzlos gestrichen wird. Das Neuerungsverbot an sich bleibt damit zwar in Kraft, allerdings können sich künftig alle Asylwerber auf eine "psy­chische und physische Sondersituation" und damit auf die Ausnahmebestimmungen berufen. Die Beweiswürdigung liegt letztlich beim Unabhängigen Bundesasylsenat.

Vom Verfassungsgerichtshof wurde auch jene Bestimmung aufgehoben, wonach im Dublin-Verfahren die Ausweisungsentscheidung generell sofort durchsetzbar war. wenn der Asylantrag deshalb zurückgewiesen wurde, weil die Verfahrensführung in die Zuständigkeit eines anderen Staates fiel. Hier stünden dem öffentlichen Interesse einer raschen Durchführung der Ausweisung mögliche Nachteile des Asylwerbers entgegen. Die im Sinne der Menschenrechtskonvention nötige Interessensabwägung könne nur im Einzelfall vorgenommen werden. Der generelle Ausschluss der aufschiebenden Wir­kung mache eine derartige Interessensabwägung unmöglich.

Weiters wurde angefochten, dass die bloße Stellung eines erneuten Asylantrages nach rechtskräftiger negativer Entscheidung, ein so genannter Folgeantrag, zur Verhängung der Schubhaft genügt. Das Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen in Form von wiederholten Antragstellungen bei gleicher Sach- und Rechtslage entgegenzuwirken, geht dem Verfassungsgerichtshof zu weit. Für diesen Punkt hat der Verfassungsge­richtshof eine Reparaturfrist bis zum 30. Juni 2005 gesetzt.

Bestätigt wurden hingegen die angefochtenen Bestimmungen zur Drittstaatsicherheit von Schweiz und Liechtenstein, die Durchsuchungsbestimmungen, die Liste sicherer Herkunftsstaaten und die Regelung der Bundesbetreuung.

Durch die Aufhebung von Teilen des Asylgesetzes 2003 besteht die Gefahr, dass es erneut zu einem verstärkten Asylantragsaufkommen kommt. Österreich wird dadurch für Asylwerber aufgrund der geänderten Gesetzeslage im Vergleich zu den anderen EU-Ländern interessanter.

 


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