Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 146

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Eher verstehe ich das schon bei der ÖVP, die es in mehr als 30 Jahren nicht geschafft hat, aus ihren eigenen und wirtschaftlich so kompetenten Reihen einen Finanzminister hervorzubringen: Na dann muss man eben Herrn Karl-Heinz Grasser ein bisschen loben, auch wenn’s schwer fällt! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Schwer fällt Ihnen das deshalb, weil es sich nicht – da muss ich Kollegem Pilz widersprechen – um kollektiven Gedächtnisschwund handelt, sondern, gelinde gesagt, um Geschichtsfälschung, und zwar aus folgendem Grund: Die Lösung hat uns der Herr Finanzminister freundlicher­weise in die Hand gegeben, als er gesagt hat, dass zwischen 1976 und 1999 die Finanzschulden durchschnittlich um 3 Prozent gestiegen seien, hingegen unter seiner Ministerschaft wundersamerweise nur um rund 1,7 Prozent. – Beides ist falsch! (Bun­desminister Mag. Grasser: Um 0,9 Prozent!) Noch viel „falscher“, Herr Finanzminister! Ich darf es Ihnen gleich erläutern.

Wenn man nämlich dem Herrn Finanzminister genau zuhört, muss man sich schon sa­gen: So dumm kann er doch nicht sein, dass er das nicht „mitbekommen“ hat, dass die „bösen Roten“ von 1970 an regiert haben! Und wenn man dieser vermeintlichen Doch-nicht-Dummheit nachgeht, kommt man drauf, dass es anscheinend doch intelligent war, was Grasser gemacht hat, denn würde man nämlich die gesamte Zeit der „bösen roten Verschleuderungspolitik“ – ich zitiere Amon – nachvollziehen, würde sich Folgen­des im Detail ergeben:

Von 1970 bis 1983, Herr Finanzminister Grasser, haben die „bösen Roten“ alleine re­giert. Damals gab es eine gesamte Finanzschuld-Erhöhung von 22 Prozent über 13 Jahre, das sind 1,7 Prozent pro Jahr. – Das ist deshalb relativ hoch – allerdings viel niedriger als Ihre Finanzschuld –, weil wir damals nach einer absoluten ÖVP-Regie­rung sozusagen aufräumen mussten. Da kannst d’ nichts machen! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Das wa­ren nur vier Jahre! – Ruf bei der ÖVP: „Schulden-Rudi“!) – Ich weiß, Sie von der ÖVP wollen das nicht hören! Ihr Gedächtnisschwund reicht nicht so weit, aber: Das gehört schon dazu! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dann kommt die Zeit, in der die SPÖ mit der FPÖ, und zwar zwischen 1983 und 1986, regiert hat; die FPÖ damals gleich stark – böse Zungen behaupten: gleich marod – wie heute, sodass die SPÖ ordentliche Finanzpolitik weitgehend alleine machen konnte. – Der SPÖ ist es gelungen, die Finanzschuld auf 0,2 Prozent jährlich herunterzudrücken.

Jetzt kommt das, was Kollege Pilz angesprochen hat: Ab 1986 kommt dann, und zwar bis 1999, die wundersame Mitwirkung der ÖVP, die unter dem von Pilz zitierten Ge­dächtnisschwund offenbar weitgehend vergessen wird, nämlich dass dann die Begehr­lichkeiten der ÖVP – und offenbar das Bedürfnis nach einigen Jahren, in denen sie nichts verteilen konnte, wieder verteilen zu müssen – die Finanzschulden anwachsen ließen, und zwar auf 34,3 Prozent oder im Jahresschnitt auf 2,64 Prozent. (Zwischen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt, seit der „größte Finanzminister mit den besten Lösungen“ regiert, nämlich seit dem Jahre 2000, bis zum Jahr 2005 ergeben sich 23 Prozent oder im Schnitt 2 Prozent Finanzschulden. – Da frage ich Sie schon, welcher Vergleich Sie sicher macht – außer Sie haben wirklich den von Pilz zitierten „Gedächtnisverlust“! Und den sollten Sie auch beibehalten! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Mag. Grasser: Das ist Ihre Rech­nung!)

Da mir der Herr Finanzminister sozusagen immer ins Ohr flüstert – wofür ich „danke“; es ist ja immer wieder ganz „wichtig“, wenn man als Redner solche Beiträge be­kommt – und immer wieder erklären möchte, dass das, was ich sage, was die Vertreter meiner Fraktion sagen, falsch ist, möchte ich doch fragen, wozu all diese Dinge, die Sie da bei Ihren Beratungsleistungen beanspruchen, gut sind. Sie argumentieren


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