Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 54

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Ich erzähle Ihnen nur ein Beispiel, und dieses Beispiel steht für viele.

Mein Kollege Wolfgang Zinggl und ich haben Fragen an die Unterrichtsministerin gerichtet betreffend budgetwirksame Vorgänge im und um das Kunsthistorische Museum, Fragen wie: Einkünfte des Museums werden am Museumsbudget vorbei an private Vereine geleitet, wie, Frau Bundesminister, werden Sie sicherstellen, dass das in Zukunft nicht passiert, und welche Mittel fehlen auf Grund dieser Praktiken dem gerade in Vollzug befindlichen Bundeshaushalt beziehungsweise dem zu verabschie­denden Voranschlag? – Wissen Sie, was die Antwort darauf war? Die Antwort war: Ich gebe Ihnen keine Antwort, das prüft gerade der Rechnungshof.

Stellen Sie sich das einmal vor! Das heißt, die Unterrichtsministerin ist der Meinung, dass all das, was gerade vom Rechnungshof geprüft wird, auch dann, wenn es budget­wirksam ist und im Bundesvoranschlag steht, vom Nationalrat nicht behandelt werden kann. Das ist ja völlig absurd! Das ist nicht nur absurd, das ist ein gesetzwidriges Verhalten der Unterrichtsministerin im Budgetausschuss! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist ein glatter Bruch des Geschäftsordnungsgesetzes, und das ist eine Unver­schämtheit gegenüber dem Nationalrat, aber eine Unverschämtheit, die bei der vorlie­genden Bundesregierung an der Tagesordnung ist. Deshalb hat der Ruf des National­rates so gelitten, und deswegen kämpfen wir Grüne jetzt um eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit dieses Hauses. Wir wollen ein Arbeitsparlament und ein Kontroll­par­lament und kein Kanzlerministrantenparlament! (Ruf bei der ÖVP: ... Ordnungsruf!)

Wenn wir das nächste Mal im Rechnungshofausschuss länger brauchen, dann werden Sie das mit uns wieder absitzen. Und wenn 16 Stunden nicht reichen, um notwendige Auskünfte zu bekommen, dann werden wir 20 oder 30 Stunden miteinander reden. (Abg. Murauer: Wir fürchten uns trotzdem nicht!) Wir sind in der Lage, länger hier zu arbeiten. Wir sind gut bezahlte Abgeordnete dieser Republik, und wir werden im Inter­esse dieses Nationalrates um seine Kontroll- und Arbeitsrechte kämpfen, das garan­tieren wir Ihnen hier. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Murauer: Leider haben Sie nicht gearbeitet ...!)

Ihr letztes Mittel scheint zu sein, diejenigen, die Ihnen nicht nach dem Mund reden, mundtot zu machen. Ich möchte gerne wissen, was gestern und vorgestern im ÖVP-Klub passiert ist bei der Diskussion darüber (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Murauer), wie man mit dem Vorschlag umgeht, die Arbeiterkammer finanziell abzuwür­gen, weil sie die Regierungsvorlagen nicht gebührend mitfeiert? (Staatssekretär Mag. Schweitzer: Der Rechnungshofpräsident sagt, der Cap ist besser!)

Das sind die Fragen, um die es geht: Wie oft dürfen Mitglieder der Bundesregierung noch ihre Verfügungsrechte über öffentliche Gelder missbrauchen, um Kritikerinnen und Kritiker mundtot zu machen? – Das waren viele Vereine und Organisationen im Kulturbereich, das waren viele Organisationen im Asylbereich, im Menschenrechts­bereich, das waren in der Vergangenheit viele soziale Hilfsorganisationen, das waren Frauenorganisationen – und jetzt ist die Arbeiterkammer dran, sie ist die vorläufig Letzte in einer langen Liste. (Zwischenruf der Abg. Lentsch.)

Deshalb ist zum ersten Mal, seitdem diese Regierung im Amte ist, ein Zentralthema dieser Budgetdebatte der ständige Missbrauch der Mehrheitsrechte in diesem Haus. Wir beginnen jetzt, das zu diskutieren. Und wenn es einen Sinn hat, dass 500 Red­nerinnen und Redner nacheinander an dieses Pult treten, dann vielleicht deswegen, weil ein Viertel von ihnen Sie immer wieder darauf aufmerksam machen wird, dass es eine Öffentlichkeit gibt, der wir über Ihren Machtmissbrauch in diesem Hause berichten


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