Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 114

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schon erlebt haben, aber das, was jetzt geschehen ist, ist beispiellos. Das schreit nach Aufklärung, das schreit nach einer Dringlichen Anfrage im Nationalrat. (Beifall bei den Grünen.)

Das Prinzip „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“ findet in einem Verdacht gegen einen Innenminister plötzlich einen Niederschlag, der verheerend ist, nämlich der Verdacht, dass politisch motivierte Verfolgungen gegen kritische Anwältinnen und Anwälte aus dem Menschenrechtsbereich tatsächlich vom Innenminister gebilligt worden sind (Zwi­schenrufe bei der ÖVP); nicht nur von ihm gewusst worden sind, sondern auch gebilligt worden sind. Das konnten wir bisher noch nicht beobachten. Das ist eine neue Dimension, die jenseits der Grenzen der Rechtsstaatlichkeit geht. (Beifall bei den Grünen.)

Was war der Anlass? Wir werden noch Gelegenheit haben, das im Detail zu be­sprechen. Der Anlass war, dass Ermittlungen gegen zwei renommierte Menschen­rechts­anwältInnen geführt wurden und Strafanzeigen wegen des Verdachtes auf Schlepperei und des Verdachtes auf Aufruf zu Ungehorsam gegen die Gesetze erfolg­ten: Und das auf der Basis einer sehr, sehr dünnen Faktenlage, wenn man hier überhaupt von Faktenlage sprechen kann, und das vor dem Hintergrund, dass genau diese Personen sich über Monate und Jahre hinweg für Menschenrechte in Österreich engagiert haben, dass eine dieser Personen sogar Obfrau von „SOS Mitmensch“ ist und dass die andere Person das Asylgesetz der Bundesregierung von Schwarz-Blau vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft hat.

Herr Innenminister! Ich muss Ihnen zu dieser ganzen Causa einige sehr präzise Fra­gen stellen, weil ich denke, dass der Verdacht von politisch motivierter Verfolgung, wie ihn amnesty international auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht hat – ai hat davon gesprochen hat, dass alle Elemente der üblichen politischen Verfolgung, wie wir sie international kennen, verwirklicht sind –, dass dieser in den Raum gestellte Vorwurf nach dem gesteuerten Durchforsten von Lebensbereichen von zwei Menschen, um etwas zu finden und sie damit zu kriminalisieren und zu diffamieren, nicht so stehen bleiben kann. (Abg. Mag. Molterer: Genau das machen Sie! Das sind in den Raum gestellte Vorwürfe!)

Ich bitte Sie um möglichst präzise Antworten auf unsere Fragen. Aufklärung tut drin­gend Not! (Beifall bei den Grünen.)

Sie müssen sich vorstellen, was das für die Zukunft bedeutet. Was bedeutet das in Zukunft für Menschen, die die Bundesregierung kritisieren, die sich in manchen Be­reichen engagieren und die manche Dinge auch sehr, sehr deutlich beim Namen nennen? Was bedeutet das für – ich weiß nicht – die „Mütter gegen Atomgefahren“? – Müssen die sich in Zukunft auch darauf gefasst machen, dass ihr Leben durchforstet wird, politisch motiviert durchforstet wird, ob man irgendetwas findet, das man ihnen anhängen kann? (Abg. Dr. Fasslabend: Sie übertreiben!) – Ich übertreibe nicht! (Abg. Dr. Fasslabend: Oh ja!)

Herr Innenminister, ich möchte Sie gerne präzise fragen: Wie kommen Sie zu diesem Vorwurf? Was ist da geschehen? Wie kann es sein, dass ein Beamter Ihres Minis­teriums von politisch motivierten Ermittlungswünschen Ihres Kabinetts spricht? Wie kann es sein, dass eine Zeitung schreiben kann, „damit man ihnen etwas anhängen kann“? Ich frage Sie: Warum wollte Ihr Kabinett diesen etwas anhängen? Oder stimmt das nicht? Wie hat das alles begonnen? Wer hat das angeordnet? Wie ist das alles entstanden? Wie kommt es dazu? Wie lange wurde ermittelt? Wer hat überhaupt den Auftrag gegeben, da zu ermitteln? Was waren die Anhaltspunkte? Hat es in beiden Fällen einen Staatsanwalt, eine Untersuchungsrichterin gegeben, die in irgendeiner


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