Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 117

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vorlegt, was, glauben Sie, bedeutet das für die ganzen Vorschriften wie Rechts­anwalts­ordnung, Verschwiegenheitspflichten, Verschwiegenheitsrechte et cetera? (Abg. Dr. Fek­ter: Auch für Anwälte gilt das Gesetz!) Halten Sie das nicht für extrem problematisch? Im Übrigen: Gibt es jetzt wieder neue Ermittelungen? Gibt es neue Ermittlungen gegen diese beiden AnwältInnen oder gibt es gegen andere Personen aus dem Menschenrechtsbereich Ermittlungen? Vielleicht können Sie uns dazu auch etwas sagen.

Herr Innenminister! Die Sache ist sehr, sehr ernst. Ich finde es wirklich ungeheuerlich, in einem Staat zu leben, wo so etwas möglich ist. Es haben auch Rechtsprofessoren wie Professor Funk gesagt, dass sie schockiert sind, und ich bin schockiert, dass so etwas möglich ist. Ich bin schockiert, dass unser amnesty in Österreich an amnesty international melden muss, es habe den Verdacht auf politisch motivierte Verfolgung von RechtsanwältInnen im Menschenrechtsbereich, im Asylbereich, in einer der sen­sibelsten Materien, die es überhaupt gibt. Davon bin ich extrem schockiert, und ich erwarte mir von Ihnen heute eine lückenlose Aufklärung über diese Vorfälle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist nicht das erste Mal, sondern wir hatten mit Ihnen schon in der Vergangenheit Schwierigkeiten, was Ihr rechtsstaatliches Verständnis betrifft. Während ich im ersten Fall ganz präzise, korrekte Aufklärung verlangen muss, muss ich im zweiten Komplex einfach feststellen, dass Sie sich in manchen Bereichen vom Boden der Rechts­staat­lichkeit sehr deutlich entfernt haben. Ein paar Beispiele dazu. (Abg. Scheibner: Das sind ungeheuerliche Vorwürfe! Das müssen Sie uns belegen!) – Ich werde es Ihnen gleich begründen.

Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass in einem Rechtsstaat, in einem Verfas­sungsstaat die Verfassung die Spielregeln vorgibt, wie Normen entwickelt werden, wie sie zustande kommen, und dass es eines der wichtigen Prinzipien ist, dass es hier Gewaltentrennung gibt, dass der Verfassungsgerichtshof auszulegen hat, was die Schranken der Verfassung sind. Und wenn der Verfassungsgerichtshof etwas feststellt, dann bin ich der Meinung, dass sowohl die Verwaltung als auch der einfache Gesetz­geber sich an diese Schranken zu halten haben. (Abg. Dr. Fasslabend: Macht er ja! Aber Kritik muss erlaubt sein! – Abg. Scheibner: Eine persönliche Meinung darf sogar ein Minister haben!) Ich habe das bis jetzt nur aus Kärnten erlebt, dass man Verfassungsgerichtshoferkenntnisse in Frage stellt.

Was haben Sie gemacht? – Ich nehme jetzt nur zwei Beispiele aus der jüngsten Ver­gangenheit her. Zunächst das Asylgesetz: Das Asylgesetz ist im Vorfeld massiv kriti­siert worden, es sei verfassungswidrig, menschenrechtswidrig. Nicht nur österreichi­sche Menschenrechtsorganisationen und -expertInnen haben das festgestellt, auch das UNHCR, das Flüchtlingshochkommissariat, hat das festgestellt. Sie beschließen es trotzdem mit Ihrer Mehrheit. Der Innenminister verteidigt es massiv und behauptet, das stimme alles nicht. Dann hebt der Verfassungsgerichtshof wesentliche Teile dieses Gesetzes auf. (Abg. Kößl: 95 Prozent sind bestätigt worden!) Was würde man sich erwarten? Dann würde man sich zumindest eine Reparatur erwarten. Das UNHCR hat gemeint, mit diesem Erkenntnis ist das Tor zu einem fairen Asylverfahren in Österreich wieder geöffnet. Was macht der Innenminister? Der Innenminister geht her und zeigt mit dem Finger auf die Länder, die die Verfassungsgerichtshofbeschwerde eingebracht haben, zeigt mit dem Finger auf den Verfassungsgerichtshof und sagt, sie sind jetzt schuld, dass über Österreich eine Flüchtlingswelle hereinströmen wird.

Ich sage Ihnen: Das ist haarsträubend! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Da wird auf dem Rücken von Menschen mit falschen Fakten ein VfGH-Erkenntnis unter dem Motto „Haltet den Dieb!“ hingestellt, anstatt zur Kenntnis zu


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