Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 161

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17.50

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Verehrte Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Sie erinnern sich noch ganz gut an die Antrittsworte des Herrn Ministers, als er sagte, er wolle eine Verkehrspolitik jenseits von Ideologie machen, eine Verkehrspolitik – so habe ich es im Gedächtnis –, die realistisch ist und sich an den Tatsachen orientiert. – So habe ich es im Gedächtnis, und Sie nicken, Herr Minister!

Jetzt haben wir eineinhalb oder zwei Jahre Minister Gorbach, jetzt haben wir das zweite Verkehrsbudget, das während seiner Amtszeit entstanden ist, und jetzt haben wir insgesamt eine Situation, angesichts derer es meiner Meinung nach doppelt not­wendig ist, der Realität ins Auge zu schauen.

Die erste Realität: In Österreich sterben im Straßenverkehr pro Woche Mitglieder einer ganzen Familie. Ich bin Ihnen dankbar, Herr Kollege Miedl, dass Sie die Verkehrs­sicherheit angesprochen haben. Jede Woche stirbt eine ganze Familie. (Abg. Wit­tauer: Da baut der Verkehrsminister die Opposition aber sehr gut ein!)

Herr Minister! Ihr Verkehrssicherheitsprogramm hat zum Ziel gehabt, 2004, also heuer, eine Reduktion um 25 Prozent zu erreichen. Die Realität sieht anders aus. Sie wollen ja eine realistische Verkehrspolitik. Schauen Sie im Budget nach! Voriges Jahr waren es genau 140 000 € für Verkehrssicherheit, für das Jahr 2005 sind es 400 000 €. Es ist eine Steigerung, aber, Herr Minister, wie wollen Sie denn das eigentliche Ziel, eine Halbierung bis 2009, mit diesen minimalen Mitteln erreichen?

Herr Minister! Ich sehe teilweise schwächere Kontrollpunkte, ich sehe teilweise weni­ger Polizisten auf den Straßen, um die Verkehrssicherheit auch wirklich zu kontrollie­ren, und ich sehe, Herr Minister, vor allem ein Vormerksystem, ein System „Führer­schein neu“, in dem Sie die Hauptursachen der Verkehrsunfälle – nämlich Alkohol am Steuer und vor allem Geschwindigkeitsüberschreitungen – nicht vorsehen. – Ich korri­giere mich: in einer verbesserten Form. Geschwindigkeitsdelikte sind kein Aspekt fürs Vormerksystem! Wir werden darüber noch näher diskutieren. (Abg. Wittauer: Das ist nicht fair!)

Herr Minister! Die Realität ist, dass an die 930 Menschen im Jahr auf Österreichs Straßen sterben (Abg. Wittauer: Aber nicht durch Alkohol!), und Sie tun meines Erachtens für die Priorität Nummer eins, nämlich ein Verkehrssystem zu schaffen, durch welches dies eben vermieden wird, noch viel zu wenig! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Eine andere Realität – Sie wissen es ja –: Schadstoffbelastungen, Gesundheitsbelastungen, Lärm, auch Flächenverbrauch, denn Umweltressourcen sind beschränkt. – Das sind Realitäten, Herr Minister! Doch was haben wir im Verkehrs­bereich? – Wir haben Steigerungsraten, die jenseits des Verkraftbaren liegen. Sie selber kennen die Realität beim Transit genau: um 20 Prozent mehr LKW-Verkehr pro Monat auf der Transitschneise über den Brenner. – Realität! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Lassen Sie die LKW in Ruhe!)

Herr Minister, wir haben ja schon oft drüber gesprochen: Das Problem liegt darin, dass Ihre Vorgänger es verabsäumt haben, auf EU-Ebene Allianzen zu schließen. Das Problem liegt auch darin, dass Sie die Realität nicht erkennen. Sie brauchen jetzt internationale Verbündete, um europaweit echt Kostenwahrheit in den LKW-Verkehr zu bringen. Ich merke nichts davon, dass Sie jetzt wirklich auf der intensiven Suche nach Verbündeten sind, aber ohne die geht es nicht.

Es nützt uns gar nichts, wenn wir in Österreich Sondermauten einheben. Das Wesent­liche ist, dass insgesamt in Europa die Kostenwahrheit beim LKW-Verkehr Einzug halten muss. Sonst ist alles für die Würscht’, was wir hier anstellen, seien es auch die


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