Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 224

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21.37

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Dass das Budget im Justizbereich erhöht wurde, ist beim ersten Hinsehen einmal positiv zu werten. Für ein bisschen weniger positiv halte ich die Art und Weise, wie die Mittel verwendet werden in Anbetracht dessen, wie sie verwendet werden könnten.

Ich möchte das am Beispiel Unterhaltsrecht darlegen. Schauen wir uns doch einmal an, wo da die Mängel liegen!

Häufig kommt es zu jahrelangen Verfahren, bis überhaupt einmal die Höhe des Unterhalts festgelegt wird. Da dies aber auch Voraussetzung dafür ist, dass man einen Unterhaltsvorschuss beantragen kann, müssen Alleinerziehende oft wirklich jahrelang warten, bis sie finanzielle Unterstützung für ihre Kinder bekommen. In einer Studie der AK über Alleinerzieherinnen gaben 18 Prozent der Frauen an, dass sie keinen Unter­halt bekommen. Nur ein Drittel davon erhält Unterhaltsvorschuss, das heißt, dass 12 Prozent der Befragten weder Kindesunterhalt noch Unterhaltsvorschuss erhalten.

Laut der jetzigen gesetzlichen Regelung kann es vorkommen, dass bei fehlender Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners – zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit oder wegen Krankheit – überhaupt kein Unterhaltsvorschuss gewährt wird. Es geht also in erster Linie derzeit um die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners und nicht um den Unterhaltsbedarf des Kindes. Und da setzt die Verantwortung des Justiz­ministeriums respektive der Justizministerin an.

Unterhaltsvorschuss könnte als Mittel der Armutsbekämpfung eingesetzt werden. Jede zweite Alleinerzieherin in Österreich muss mit einem Einkommen unter der Armuts­grenze ihr Auslangen finden! Das sind mehr als 120 000 Frauen in Österreich, die mit ihren Kindern in Armut leben!

Jetzt musste bekanntlicherweise – weil Sie von ÖVP und FPÖ diese Politik forcieren – die Caritas für Frauen in Österreich in Not eine Spendenaktion ins Leben rufen. Wir müssen der Caritas dafür dankbar sein, aber für die Bundesregierung und für die Abgeordneten dieser Regierung ist das ein politisches Armutszeugnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sehen: Verbesserungen in diesem Bereich sind notwendig, aber solche sind im Budget nicht vorgesehen. Für das Unterhaltsrecht ist nun einmal das Justizministerium zuständig, aber Sie, Frau Ministerin, schieben die Verantwortung an die Länder ab und geben an, dass die österreichische Verfassungs-Rechtslage eine Verbesserung der Situation für Alleinerziehende verwehre.

Ich habe das von Ihnen schriftlich, Frau Ministerin, aber hier geht es um politische Entscheidungen. Es geht um Ihre Entscheidung, wie Sie die vorhandenen Budgetmittel einsetzen wollen. Ihr Handeln zeigt, dass Ihnen die Situation von AlleinerzieherInnen egal ist, und das ist sehr bedauerlich.

Positiv stimmt mich, dass es im Justizministerium Überlegungen gibt, eine schnellere Bevorschussung von Unterhalt für Alleinerziehende durch Verfahrensvereinfachungen zu erreichen. Das fordern wir schon lange. Bitte handeln Sie endlich!

Sie, Frau Ministerin, schreiben in der entsprechenden Beantwortung, dass Sie erst Ge­spräche mit verschiedenen Interessenvertretern aufnehmen müssen. – Diese Ge­spräche haben schon x-mal stattgefunden. Irgendwann einmal muss Schluss sein mit Gesprächen. Jetzt ist Handeln gefordert!

Wir müssen weg von dieser Almosenpolitik, die diese Regierung für die Schwächsten in unserer Gesellschaft vorantreibt. Wir müssen hin zu menschenwürdigen Gesetzen, zu Rechtsansprüchen für echte Unterstützung! Ein neues Unterhaltssicherungsgesetz


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