Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 41

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Bundesministerin, bin ich sehr froh und dankbar, dass im Zuge des Finanzausgleichs zusätzliche Mittel bereitgestellt wurden, um auch die kleinen Schulen erhalten zu können. Es wird nämlich, wie wir wissen, in den nächsten Jahren mit einem weiteren Sinken der Schülerzahlen zu rechnen sein. Dennoch, gerade um da nicht eine Spirale in Gang zu setzen, die nach unten führt, nämlich in Richtung einer für die Familien immer weniger zuträglichen Situation, ist es wichtig, die kleinen Schulen auch auf dem Land zu erhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Zweiten: Die Menschen sind höchst verschieden begabt – keine Frage –, und es ist gut, darauf einzugehen. Es ist auch gut, ein differenziertes Schulwesen zu haben; ein differenziertes Schulwesen, wie es sich bei uns seit Jahrzehnten wirklich gut bewährt. Ich wundere mich eigentlich gerade über Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, woher Ihre ständigen Versuche kommen, irgendwie – in Wien sieht man es – die Hauptschulen aus dem Bildungssystem wegzukriegen. Vielmehr müsste es sich darum drehen, die Hauptschulen aufzuwerten, und zwar als Schulen, die auf jene zugeschnitten sind, die ein großes Maß an praktischer Vernunft aufweisen. Sie haben in den früheren Jahrzehnten Ihrer Politik gerade in dieser Beziehung zu Recht ein hohes Ethos entwickelt, und ich sehe nicht ein, dass man nun davon wegkommen soll.

Nicht jeder ist in einer weiterführenden Schule – in einer Schule, die zur Matura führt und die auch zu den Voraussetzungen für ein Universitätsstudium führen sollte – gut aufgehoben. Es gibt genügend Leute, die Hervorragendes leisten, wenn man sie auf die richtigen Geleise lenkt, nämlich dorthin, wo sie ihre Art von Begabung, ihre praktische Vernunft anwenden können.

Ich meine, dass ein Weg vom differenzierten Schulsystem eine Beschneidung der Möglichkeiten unserer jungen Menschen ist, und ich plädiere dafür, dass man den wirklich alten Hut der Gesamtschule nun endlich einmal vergisst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Dritten: Ich finde, dass Kontinuität – bei all dem Negativen, was sich im Zuge der vielen, vielen Reformversuche ansammelt – im Schulbereich schon sehr wichtig ist. Wenn ich daran denke, was ich als Mutter an Reformprojekten in 20 Jahren erleiden musste, worauf ich mich alles einstellen musste, dann muss ich sagen: Das tut der Erziehung und der Orientierung von Kindern nicht gut.

Einer der Begriffe, der sich mittlerweile entwickelt hat, um zu charakterisieren, was eigentlich nicht sein sollte, ist der Begriff „Spaßpädagogik“. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Eine Feststellung, die ich wirklich auch aus der Beobachtung von Kindern machen kann, ist: Nichts ist ernsthafter als ein Kind! Könnten wir uns diese Ernsthaftigkeit, die ein Kind im Spiel aufweist, bei unserer Arbeit, bei unseren Pro­jekten, bei dem, was wir zu tun haben, bewahren, würden wir hervorragende Leistun­gen erbringen.

Es ist eine Diffamierung von Kindern, ihnen diese Ernsthaftigkeit nicht zuzuerkennen und sie daran zu hindern, ernsthaft zu sein und natürlich dann auch zur Leistung und zur Leistungsbemessung zu kommen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Ich glaube, es ist absolut nicht kindgerecht, Kindern dies zu verweigern!

Ich meine, dass auch Ihre Zurückweisung von Noten ein falscher Weg ist. Ein Kind braucht auch eine Orientierung, es muss wissen, wo es steht. Die lange, pädagogische Beschreibung anstelle von Noten – zusätzlich ist es wunderbar – ist für ein Kind überhaupt nicht greifbar. Wie soll sich ein 6-, 7-jähriges Kind ein Bild über den Stand seiner Leistungen aus der Beschreibung durch seine Lehrerin machen, wenn es dort heißt: Diese Leistung musst du noch verbessern, das musst du so machen!? Das sagt


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