Die Dringliche Anfrage hat folgenden
Wortlaut:
Dem Bundeskanzler obliegen nach dem
geltenden Bundesministeriengesetz unter anderem die Angelegenheiten der
allgemeinen Regierungspolitik und die der staatlichen Verfassung (Z 1 und
3 des Teils 2 A der Anlage zum BMG). In die Verantwortung des
Bundeskanzlers fallen daher alle Fragen der grundsätzlichen Ausrichtung der
Regierungspolitik und der Gestaltung der Verfassung.
Im Gegensatz zur Ersten Republik
entwickelte sich die Zweite Republik zu einer Erfolgsgeschichte: Soziale
Sicherheit und relativer Wohlstand für alle ÖsterreicherInnen, Austragung von
Konflikten mit demokratischen Mitteln, funktionierende Sozialpartnerschaft und
letzten Endes damit verbunden, der Aufstieg Österreichs zu einem der reichsten
Staaten der Erde, in dem materieller Wohlstand mit einer hohen Lebensqualität
vereint war.
Dieser Erfolg der Zweiten Republik ist
ein Erfolg aller Österreicherinnen und Österreicher, auf den sie zu Recht
stolz sind. Im nächsten Jahr steht ein Jubiläumsjahr bevor, in dem zahlreicher
runder Jubiläen unseres Staates gedacht werden soll: 60 Jahre Zweite
Republik, 50 Jahre Staatsvertrag und Neutralität, 10 Jahre Beitritt
zur Europäischen Union.
Die Bundesregierung plant, mit Millionen
Euro Steuergeldern diese Jubiläen zu begehen. Der Bundeskanzler nennt es
hochtrabend Gedankenjahr, verschwendet gleichzeitig aber keinen Gedanken daran,
wie die politischen Erfolge der Zweiten Republik fortgeschrieben werden könnten
und was ihre Voraussetzungen waren. Im Gegenteil: Seitdem er im Jahre 2000
an die Macht gekommen ist, baut er die politischen Grundlagen dieser
Erfolgsgeschichte ab, und zwar ganz ohne Verfassungsreform.
Die Erfolgsgeschichte der Zweiten
Republik wäre undenkbar gewesen ohne Einbindung aller ÖsterreicherInnen in
eine vielfältige demokratische Struktur und Kultur der Mitbestimmung. Eine
funktionierende Sozialpartnerschaft war Garant dafür, dass Interessengegensätze
in der Gesellschaft zu einem fairen und demokratischen Ausgleich kamen. Dies
wurde zwar vielfach als „Nebenregierung“ verstanden, doch sicherte diese
demokratische Einbindung und Kontrolle den wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen
Aufstieg aller ÖsterreicherInnen, kurz, den österreichischen Weg, um den uns
viele andere Staaten beneidet haben.
Dieser gesellschaftliche Grundkonsens
und diese demokratische Kultur wurden von der schwarz-blauen Bundesregierung
von Anfang an in Frage gestellt: Durch einseitiges Diktat, fehlende Einbindung
der Betroffenen, „Drüberfahren“ bis hin zur Methode „Speed kills“. Die
Aufhebungen verschiedenster Gesetze durch den Verfassungsgerichtshof, viele
durch die SPÖ herbeigeführt, sind zahlreich : Von der ersten Pensionsreform
über die Zivildienstreform, die Ambulanzgebühren, die Unfallrentenbesteuerung
bis hin zur Asylgesetz-Novelle und der Hauptverbandsreform. Ungeachtet aller
Kritik beschließt die Regierung sehenden Auges weiter verfassungswidrige Gesetze.
Am Vorabend des Jubiläumsjahres werden
demokratische Einrichtungen und Institutionen, die den Erfolg der Zweiten
Republik mit ausgemacht haben, in Frage gestellt. Auf Grund aktueller
Entwicklungen ergeben sich daher in vier Bereichen entscheidende Fragen an den
Bundeskanzler, die die Regierungspolitik und den Umgang mit der Verfassung
betreffen.
1. Kürzung der finanziellen Mittel für
die Arbeiterkammern
Im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform griff die Bundesregierung – wie gleich nach ihrem Amtsantritt – wieder Pläne auf, die Finanzierung der Arbeiterkammern (also