Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 99

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12.000 Exekutivbeamten aus, die sich ab 2005 für die Funktionen, die sie bereits ausüben, neuerlich bewerben müssen.

Ein Manager in der Privatwirtschaft wäre für einen solchen Vorschlag sofort entlassen worden. Es geht aber Strasser gar nicht um eine Verbesserung des Managements der Exekutive, seine Vorgangsweise ist ausschließlich parteipolitisch motiviert. Aussagen des ÖVP-Sicherheitssprechers Kössl bestätigen dies. Er meinte wörtlich auf Strasser gemünzt: „Es sei nur selbstverständlich, sich für dieses Jahrhundertprojekt für Spitzen­positionen auch die besten Köpfe aussuchen zu wollen.“ (OTS156 vom 20.10.2004)

Nach welchen Kriterien Strasser die besten Köpfe aussucht, hat er in den letzten Jahren ausgiebig bewiesen. Verlierer sind jedenfalls alle Österreicherinnen und Österreicher, für die das Grundrecht auf innere Sicherheit im Jahr 2005 noch weniger garantiert sein wird, als dies schon bisher der Fall war.

Von zahlreichen Verfassungsexperten wird auf die Verfassungswidrigkeit der geplan­ten Schaffung eines neuen einheitlichen Polizeikörpers hingewiesen. Dennoch wird die Regierung Schüssel ihr Vorhaben durchziehen. So wie dies bereits beim Asylrecht und im Bereich des Zivildienstes passiert ist, wo ebenfalls trotz massiver Warnungen von Verfassungsrechtlern verfassungswidrige Gesetze beschlossen wurden. Sollte der Verfassungsgerichtshof dann ein solches Gesetz aufheben, reagiert der Innenminister in einer für eine demokratische Republik, für die der Rechtsstaat die Basis bildet, beschämenden Art und Weise. So führte er in der ZIB 1 am 22. Oktober 2004 aus, dass nicht alles was der Verfassungsgerichtshof Recht spricht, automatisch auch richtig ist. Diese Urteilsschelte würzte er mit weiteren Sprüchen an: „Auf hoher See und vor dem Verfassungsgerichtshof bist du in Gottes Hand.“ „Sie wissen, drei Juristen fünf Meinungen.“ (Jeweils Abendjournal 22. Oktober 2004.)

4. Neuerlich verfassungswidrige Hauptverbandsreform

Von Anfang an startete die schwarz-blaue Bundesregierung eine politische Kampagne gegen den Hauptverband der Sozialversicherungsträger, dem Obersten Organ der Selbstverwaltung der Sozialversicherung, die die wichtigste Säule der sozialen Sicherheit für alle ÖsterreicherInnen bildet.

Dieser Angriff auf die Interessen der Versicherten wurde dadurch verschleiert, dass Hauptverbandspräsident Hans Sallmutter zur Zielscheibe der Angriffe gemacht wurde. Dies gipfelte in seiner verfassungswidrigen Abwahl und einer verfassungswidrigen Re­form des Hauptverbandes.

Am 10. Oktober 2003 wurde diese Hauptverbandsreform vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) praktisch komplett aufgehoben. Die Regierung hat bis 31. Dezember 2004 Zeit, eine verfassungskonforme Lösung zu finden. Der Begutachtungsentwurf zur Neu­ordnung stößt nun aber neuerlich auf eine breite Front der Ablehnung:

Gefordert war seitens des Höchstgerichts, den Trägern wieder eine entsprechende Repräsentanz in den entscheidenden Organen zu schaffen und der Selbstverwaltung wieder das operative Geschäft in die Hände zu legen. Auch wurde die Regierung aufgefordert, den Ausschluss von Kammer- und Gewerkschaftsfunktionären aus den Spitzengremien zu beseitigen.

Es gehört zum Wesen der Selbstverwaltung, dass ihre obersten Organe für die Versicherten repräsentativ sind. Im Klartext gesprochen: Die Organe in der Selbst­verwaltung sind dann sicher nicht repräsentativ zusammengesetzt, wenn drei Millionen unselbstständig Versicherte weniger oder gleich viel Vertreter haben wie 300.000 Selbständige. Dieses Verhältnis ist noch weniger gerechtfertigt, wenn man das Beitragsaufkommen betrachtet, denn die ArbeitnehmerInnen tragen den Hauptanteil bei.

 


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