Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 100

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Auch hier scheint eines bereits gewiss: In den Organen wird es eine deutliche ÖVP/FPÖ-Mehrheit geben, die Vertreter der Arbeitnehmer werden deutlich unterreprä­sentiert sein. Sogar der Rechnungshof zeigt sich skeptisch, ob bei der in Aussicht genommenen Konstruktion von einer demokratischen Legitimation der Organe gesprochen werden kann.

Zusammenfassung

Allen diesen Maßnahmen ist eines gemein: Wesentliche Einrichtungen des öster­reichischen demokratischen Systems werden einseitig, gegen den Willen und die Interessen der Betroffenen verändert oder abgeschafft. Die Machtbalance wird ein­seitig zu Gunsten der Regierung verschoben, die demokratische Legitimation durch eine Alleinherrschaft der Regierungsparteien auch in Bereichen ersetzt, wo sie niemals bei Wahlen eine Mehrheit errungen haben. Das Ganze wird noch garniert durch eine Reform der Exekutive, die die Interessen der Exekutivbeamten verletzt und gewalten­teilende- und begrenzende Strukturen durch den Durchgriff des Innenministers ersetzt.

Alle diese Maßnahmen erfolgen mit einer Mehrheit durch den einfachen Gesetzgeber, die Regeln der Verfassung werden schlicht ignoriert. Am Vorabend der Jubiläumsfeiern der Zweiten Republik werden einseitig die politischen Grundlagen verändert, die Voraussetzung für den Erfolg der Zweiten Republik waren. Ein gesellschaftlicher Grundkonsens rückt in immer weitere Ferne, es stellt sich die Frage, wie da ein Konsens im Verfassungskonvent gefunden werden soll. Der einfache Gesetzgeber schafft fertige Tatsachen, noch bevor ein Konsens darüber gefunden werden kann, wie eine neue Verfassung aussehen soll, die dem Erfolgsmodell der Zweiten Republik angemessen ist.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler folgende

Anfrage:

1. Sind Sie bereit, auf jegliche Kürzung und Einschränkung der Verwendung der Arbeiterkammerumlage zu verzichten und die Einrichtung der Arbeiterkammern und ihre ausreichende Finanzierung in der Verfassung zu verankern?

2. Sind Sie bereit, die Direktwahl der Bundesvertretung der Österreichischen Hoch­schülerschaft und ihre ausreichende Finanzierung beizubehalten, die Österreichische Hochschülerschaft als Selbstverwaltung der Studierenden anzuerkennen und in der Verfassung zu verankern?

3. Sind Sie bereit, die Regierungsvorlage für die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei so zu verändern, dass eine einwandfreie verfassungsrechtliche Grundlage geschaffen wird, die Forderungen der Landeshauptleutekonferenz erfüllt werden und auf die Neuausschreibung und Besetzung von 5.300 bestehenden Funktionen verzichtet wird?

4. Sind Sie bereit, dem Nationalrat eine Reform des Hauptverbandes der Sozial­versicherungsträger vorzuschlagen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Selbstverwaltung voll entspricht, bei der das Verhältnis der Vertreter in den Organen der Sozialversicherung dem zahlenmäßigen Verhältnis der einzelnen Grup­pen der Sozialversicherten entspricht und durch die die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung in diesem Sinne verfassungsrechtlich verankert wird?

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Cap als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge-


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