Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 104

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unserer Gesellschaft ... (Abg. Dr. Sonnberger: Das ist ungeheuerlich!) – Ja, unge­heuerlich, kann ich nur sagen, ist gleich das Nächste, nämlich die Art und Weise, wie Sie mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger umgehen.

Heute im „Kurier“ auf Seite 2 sind Sie einmal zu Recht kritisiert worden, was Ihren Umgang mit der Hochschülerschaft betrifft. – Mich wundert, dass da ehemalige Mandatare bei Ihnen so mitmachen, die überhaupt keinen Bezug mehr zu der Zeit haben, als sie dort Mandatsträger waren. Aber das müssen sie sich mit ihrem Gewis­sen und mit ihrem politischen Verständnis ausmachen.

Zur Frage des Hauptverbandes, wo Sie sich hingesetzt und gesagt haben: Wir machen jetzt einfach eine gesetzliche Regelung, denn wir wollen nicht, dass dort eine wirkliche Repräsentanz der Gewerkschafter, der Kammerfunktionäre gegeben ist! Wir wollen das alles nicht! Wir wollen eigentlich ein Gesetz finden, bei dem wir am Schluss als Regierung eine Mehrheit haben, aus! Obwohl auf der einen Seite drei Millionen Arbeitnehmer und auf der anderen Seite 300 000 Arbeitgeber stehen, obwohl die mehr Beiträge einbringen und die anderen in der Summe weniger Beiträge einbringen, ist das alles Wurscht! Ich setze mich ans Reißbrett und sage: Wie bekommen wir da drin eine Mehrheit? – So!

Gott sei Dank haben wir noch einen Verfassungsgerichtshof. Jetzt sollten Sie ein bisschen andächtiger zuhören. Der Verfassungsgerichtshof ist eine ganz wichtige Ein­richtung, denn der klopft Ihnen nämlich hin und wieder zu Recht auf die Finger, und zwar ordentlich! Und es sind nicht wenige Vorhaben, die Sie gesetzt haben, die vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden – unter anderem auch, was diese, ich würde so sagen: politische Machtergreifung im Hauptverband der Sozialversicherungs­träger seitens der Regierungsmehrheit betrifft.

Da hat der Verfassungsgerichtshof gesprochen, und jetzt müssen Sie bis 31. Dezem­ber 2004 eine verfassungskonforme Lösung finden. Faktum ist (Abg. Dr. Fasslabend: So ist es!) – genau! –, der neue Begutachtungsentwurf zur Neuordnung ist im Endeffekt natürlich wieder das Gleiche! Da haben sich eben ein paar von Ihren Advokaten hingesetzt und gesagt: Wie können wir jetzt das Gleiche machen, was wir vorher gemacht haben, nämlich dass Schwarz und Blau da drin eine Mehrheit haben, denn wir wollen da drin eine Mehrheit ausüben?! Das alles ist zwar teurer, es wird zwar den Versicherungsträgern nicht mehr bringen, in der Gesundheit bringen wir zwar sowieso nichts weiter, das wird zwar sowieso keinen „gescheiten“ Einfluss haben; wo wir die ganzen Mittel aufbringen, wissen wir ohnehin noch immer nicht, aber wir wollen da drin die Mehrheit haben! Das ist unser Selbstverständnis von Machtausübung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und da sage ich Ihnen: Das ist ein Bruch des politischen Grundkonsenses, was Sie da machen! Und das werden wir nicht akzeptieren! (Beifall bei der SPÖ.)

In Wirklichkeit ist Ihnen das Modell der Selbstverwaltung ein Dorn im Auge, in Wirklichkeit ist es Ihnen ein Dorn im Auge, dass es einfach Sozialkapital gibt, auf das Sie keinen Zugriff haben! In Wirklichkeit wollen Sie in möglichst vielen Bereichen privatisieren, damit eben dort das private Kapital den Zugang hat, damit das eben nicht mehr sozial verwaltet wird! – Ja, aber dann der Bevölkerung offen sagen und nicht hier versteckt über die Hintertür agieren! Jedenfalls ein bisschen Mut!

Wenn Sie schon – was habe ich heute im „Kurier“ auf Seite 2 gelesen? – „eine konser­vative Revolution“ machen, wenn Sie schon haben wollen, dass diese Gesellschaft illiberaler und undemokratischer wird, dann stellen Sie sich hin und sagen Sie den Österreicherinnen und Österreichern in zwei Jahren: Das ist unser Entwurf von Gesellschaft! Wir wollen keine offene Gesellschaft, wir wollen nicht mehr Demokratie, wir wollen weniger Demokratie, wir wollen da drin mehr Zugriff haben auf das Kollek-


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