Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 111

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Sie haben vom „Jammertal“ gesprochen. – Jawohl, Österreich befindet sich in einem Jammertal! (Lebhafte ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin in einem Österreich aufgewachsen, das sich im europäischen Vergleich und im weltweiten Vergleich nach oben entwickelt hat. Ich bin in einem Österreich aufge­wachsen, in dem es Chancengleichheit gegeben hat. Ich bin in einem Österreich aufgewachsen, in dem es Zukunft gegeben hat.

Seit dem Jahre 1999 entwickelt sich Österreich in allen Kennzahlen nach unten. Das haben Sie mit Ihrer Politik zu verantworten! Sie nehmen Österreich in vielen Bereichen die Zukunft, und Sie nehmen vor allem älteren Menschen auch die Würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum eigentlichen Thema kommend: Was Recht ist, muss nicht unbedingt gut sein. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das ist richtig, habe ich gerade von dort drüben (in Richtung ÖVP-Bänke deutend) gehört. – Das hat ein Minister gesagt, der auf die Verfassung angelobt worden ist. Und er hat es nicht in einem Streit um ein Gesetz gesagt, wo es vielleicht eine rot-grüne Opposition gibt, die dieses Gesetz bekämpft, nein: Er hat es im Zusammenhang mit einem Verfassungsgerichtsurteil gesagt. Er hat die höchste Instanz dieser Republik mit dieser Art und Weise der Kommentierung in Frage gestellt. Und ich sage Ihnen ganz offen: In jedem anderen zivilisierten euro­päischen Staat wäre das allein ein Rücktrittsgrund für den Innenminister gewesen! (Beifall bei der SPÖ.)

Das gerade in einem Bereich, wo die Demokratie sehr sensibel zu handhaben ist! Aber das fügt sich nahtlos ein in Ihr Verständnis von Demokratie. Am Beginn von Schwarz-Blau, 2000/2001, wurde der Umgang mit der Demokratie noch krampfhaft verschleiert. Man hat sich in Marketingblasen geflüchtet. So hat beispielsweise Innenminister Strasser immer von einem rot-weiß-roten Ministerium gesprochen. Das Ministerium ist, wie alle Österreicherinnen und Österreicher wissen, mittlerweile tiefschwarz eingefärbt, und zwar gesetzwidrig tiefschwarz eingefärbt. Gesetzwidrig tiefschwarz eingefärbt! Sie haben es schwarz auf weiß vom Verfassungsgerichtshof: Die Entfernung von hoch qualifizierten Beamten im Sicherheitsbereich ist gesetzwidrig erfolgt. Das war der erste Schritt eines negativen und eines sehr eigenartigen Zugangs zur Demokratie seitens dieser schwarz-blauen Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ.)

Es fehlt die Zeit, um all Ihre Verfehlungen in diesem Demokratiebereich aufzuzählen, nur eines noch: die undemokratische Einfärbung des Hauptverbandes, die der Herr Bundeskanzler so salopp vom Tisch zu wichen versucht. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Nicht diejenigen haben die Verantwortung zu tragen, die die Versicherten vertreten, sondern eine kleine Minderheit hat das zu vertreten!

Das ist ein demokratisches Prinzip? – Unser demokratisches Prinzip ist das nicht! (Abg. Rädler: Wie schaut es bei der Bank Burgenland aus?)

Das Innenministerium betreffend hat es neben diesen Einfärbungen auch eine Reihe von Urteilen des Verfassungsgerichtshofes gegeben, die eine eigenartige Geistes­haltung, was den Zugang Ihrer Regierung zur Demokratie angeht, an den Tag gebracht haben, beispielsweise eine zweifache Aufhebung im Zivildienstbereich. Der Innen­minister ist nach wie vor, obwohl er es schon schwarz auf weiß vom Verfassungs­gerichtshof bekommen hat, nicht bereit, Zivildiener adäquat zu bezahlen. Er ist nicht bereit, Urteile des Verfassungsgerichtshofes umzusetzen. Das ist Ihr Zugang zur Demokratie? – Das ist mittlerweile schon politischer Alltag geworden. (Abg. Großruck: Glauben Sie selber, was Sie sagen? – Er hält sich selber am Schmäh!) Kaum jemand regt sich hier darüber auf. Wir werden das, auch nach der heutigen Sitzung, immer stärker thematisieren.

 


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