Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 112

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Sie haben versucht, den Zugriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ORF zu verstärken. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ... Schattenkabinett!) Es ist Ihnen in vielen Bereichen leider Gottes gelungen. Sie haben die ÖBB zerschlagen und zerteilt, mit der Intention, auch dort in Ihrem Sinne politisch einzufärben. Ein Gesetz nach dem an­deren wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, angefangen von der Unfall­rentenbesteuerung über die Ambulanzgebühren bis hin zur Zivildienstgesetz-Novelle. Ich verstehe schon, dass Sie den Ausdruck „soziale Kälte“ nicht gerne hören, aber gerade an diesen Urteilen, die der Verfassungsgerichtshof aufgehoben hat, sieht man die soziale Kälte Ihrer Regierungsarbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Höhepunkt dieser gesamten Diskussion ist jetzt das laute Nachdenken über die „Bestrafung“ – unter Anführungszeichen – der Arbeiterkammer. Herr Bundeskanzler, Sie haben selbst in diesem Haus von Strafaktionen gesprochen. Sie haben gesagt, hier könne man ungestraft alles sagen, das sei Ihnen gar nicht recht. Das ist offen­sichtlich sozusagen die Geisteshaltung, der Sie anhängen und der Ihre Regierung anhängt. (Abg. Dr. Stummvoll: Na geh, bitte! – Ruf bei der SPÖ: Ein Originalzitat!)

Da Sie hier die Diskussion betreffend die Arbeiterkammer auch salopp vom Tisch wischen und sagen: Alle müssen sparen!, dann möchte ich Ihnen schon Folgendes ins Stammbuch schreiben: Die Arbeiterkammer ist nicht a priori regierungskritisch, son­dern sie ist regierungskritisch, weil die Maßnahmen, die Sie pausenlos setzen – 44 Belastungsmaßnahmen! –, jene Menschen betreffen, die die Arbeiterkammer zu vertreten hat. Es ist der ureigenste Auftrag der Arbeiterkammer, diese Menschen zu vertreten, und sie wird sich von Ihnen nicht mundtot machen lassen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie könnten vielleicht, wenn Sie von Sparsamkeit reden, darüber nachdenken – auch am Beginn des so genannten Gedankenjahres, das Sie ausgerufen haben –, ob es nicht möglich wäre, sparsamer zu wirtschaften, was Ihre Ausgaben betrifft (Abg. Großruck: Für Sie wäre es auch gut, wenn Sie einen Gedanken einlegen würden!), von denen Sie immerhin 72 Millionen € für Propagandazwecke fließen lassen.

Beim ÖH-Gesetz sagen Sie auch salopp, das sei ja eine ganz demokratische Entscheidung. – Sehr „demokratisch“, wenn 20 Prozent der Wählerstimmen jetzt nach Ihrer Novelle, nach Ihrer Reform 40 Prozent der Studentinnen und Studenten vertreten sollen. (Abg. Mag. Wurm: „Bravo“! „Super“! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wer sagt dazu „bravo!“?) Die Studenten haben ein Recht auf eine bundesweite Vertretung!

Ihre Politik folgt zwei Grundmustern: Kritiker auszuhungern – das ist das Grundmuster Nummer eins – oder, wenn das nicht gelingt, Wahlergebnisse, wo sie nicht genehm sind, durch eine neue Mehrheitsfindung umzudrehen.

Sie von der ÖVP werden im Gedenkjahr an Figl und Raab erinnern. – Ich sage Ihnen ganz offen: Figl und Raab bis hin zu Kreisky und den weiteren Bundeskanzlern, die von der Sozialdemokratie gestellt wurden, haben einen demokratischen Zugang gehabt. Sie aber gefährden diesen demokratischen Grundkonsens in Österreich. Ich würde Sie bitten und an Sie appellieren, am Beginn des „Gedankenjahres 2005“ Ihre diesbezügliche Haltung zu überdenken und zur Demokratie in Österreich zurück­zukehren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Das war schwach!)

15.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Er ist ein Konsulent des Schattenkabinetts!)

 


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