Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 24

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Wenn wir nun die internationalen Vergleichswerte anschauen – wir haben Botschaften aus allen Ländern befragt, wie der Ausländeranteil in den anderen Staaten ist –, so sehen wir, dass der Ausländeranteil in Österreich am höchsten ist. Deutschland hat vergleichsweise mit Stichtag 1.6.2004 einen Ausländeranteil von 29 Prozent, Italien 33 Prozent, Malta 35 Prozent, Holland 39,5 Prozent, Schweden 27,4 Prozent, Spanien 27,1 Prozent und Großbritannien 12,16 Prozent. Einen höheren Ausländeranteil gibt es nur in Liechtenstein. Dort beträgt er 90 Prozent, aber das ist nicht vergleichbar, denn es gibt dort insgesamt zehn Häftlinge, davon sind neun Ausländer. Und San Marino hat einen Häftling – also 100 Prozent, denn auch der ist ein Ausländer. Das lässt sich aber nicht unmittelbar vergleichen.

Schauen wir uns nun die Situation in den neuen Beitrittsländern an: Im Vergleich zum „alten Europa“ ist der Anteil der Ausländer in Strafhaft weit geringer. Estland hat zum Beispiel 6,3 Prozent, Litauen nur 0,5 Prozent, Polen 1,36 Prozent, die Slowakei 2,30 Prozent, Slowenien 6,6 Prozent und Ungarn 4,3 Prozent.

Kehren wir wieder nach Österreich zurück und werfen wir einen Blick darauf, welche Herkunftsländer tatsächlich diese hohen ausländischen Häftlingszahlen bei uns aus­machen!

Mit Stand 1.12. hatten wir in unseren Justizanstalten 450 Nigerianer, 404 Jugoslawen, 303 Rumänen, 270 Georgier, 260 Menschen aus der Türkei – und diese Liste ließe sich in weiterer Folge noch fortsetzen.

Wir haben uns natürlich aus dem Bereich des Justizministeriums darüber Gedanken gemacht, wie es dazu kommen kann, dass sich die Haftzahlen so dramatisch entwi­ckelt haben. Mein Amtsvorgänger Dr. Böhmdorfer hat in diesem Zusammenhang eine Studie in Auftrag gegeben, und zwar am Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie in Wien. Diese Studie hat ganz interessante Ergebnisse erbracht.

So ist zum Beispiel im Vergleichszeitraum – das muss ich auch dazu sagen; diese Studie lief von 2000 bis 2002, also ein Vergleichszeitraum von drei Jahren – laut Krimi­nalitätsstatistik die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen um 3,4 Prozent gestiegen, aber die Anzahl der Inhaftierten insgesamt ist um 12,7 Prozent gestiegen. Das ist auch ganz interessant.

Ein deutlicher Anstieg war zu verzeichnen bei inhaftierten Jugendlichen, was ich be­sonders bedenklich finde, weil Strafhaft doch ein wesentlicher Eingriff in die persönli­che Freiheit ist. Bei Jugendlichen von 14 bis unter 18 Jahren war ein Haftanstieg von 25 Prozent zu verzeichnen.

Bundesweit ist der Anstieg an Inhaftierungen um 9,6 Prozent gestiegen, allein in Wien aber – wenn wir das in Relation sehen – um 29,5 Prozent, im Jahr 2002 sogar 39,6 Prozent.

Wenn wir das nun nach dem Gesichtspunkt der Staatsbürgerschaft oder nach dem Herkunftsland betrachten, so war die Anzahl der straffällig gewordenen Ausländer, die auch inhaftiert wurden, in den Jahren 2000 bis 2002 in den Bundesländern relativ sta­bil, aber in Wien war insbesondere ein Zugang aus zwei Gruppen zu verzeichnen. – Das ist jetzt wirklich besonders interessant, weil wir das dann auch in den Asylzahlen, auf die ich dann später zurückkommen möchte, wieder finden werden. – Diese zwei Gruppen sind insbesondere osteuropäische Länder – aber nicht die neuen EU-Mitgliedsländer – und afrikanische Staaten. Allein aus dem Sprengel des Landesge­richtes Wien waren im Vergleichszeitraum zirka 600 OsteuropäerInnen und 400 Afrika­nerInnen in Haft.

Dieser Trend – diese Studie hat das ja nur bis zum Jahr 2002 beobachtet – ist mittler­weile in ganz Österreich, auch in den Bundesländer, festzustellen.

 


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