Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 80

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hinsichtlich der Bestellung nicht ganz von der Hand zu weisen (Abg. Kößl: 98 Prozent waren SPÖ-Mitglieder!), der dazu sagte. „Das ist der totale Durchgriff einer politischen Partei“ (Abg. Kößl: Jetzt sind es halt nur noch 95 Prozent!), „die systematisch wie in einem autoritären Regime alle, die nicht hundertprozentig verlässlich sind, ersetzt.“ – Der wird sich dabei etwas gedacht haben. (Abg. Kößl: Da sagen Sie, es werde umge­färbt! – Zwischenruf des Abg. Schöls.) Er ist wahrscheinlich nicht die richtige Aus­kunftsperson in Hinblick auf „autoritäres Regime“ – da ist er sicher nicht die richtige Auskunftsperson –, aber ganz von der Hand zu weisen ist dieser Vorwurf nicht.

Schwerwiegender ist – und das ist unser Hauptkritikpunkt –, dass durch die Auflösung des Unterstellungsverhältnisses der Wachkörper unter die Bezirksverwaltungsbehör­den und durch die weite Definition der Angelegenheiten des inneren Dienstes in Wirk­lichkeit die Behördenstruktur de facto aufgelöst wird und der Bundesminister einen direkten Zugriff auf jeden einzelnen Exekutivbeamten hat. (Abg. Kößl: Stimmt nicht!) Das stimmt, ja, aber aus politischen und demokratischen Gründen muss man dafür sein, dass Sicherheitsbehörden und Sicherheitsexekutive getrennt bleiben. (Abg. Kößl: Genau!)

Ebenfalls noch unklar ist, wie sehr die Synergieeffekte auf Kosten dieser BeamtInnen gehen werden. Aber es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass durch die Anpassung der Dienstzeitregelungen schwere Nachteile für diese entstehen wer­den. Es sind schon im Vorfeld, bei den Verhandlungen, massive Vorbehalte geäußert worden, und zwar im Hinblick auf Journaldienste und Überstunden dieser BeamtInnen. Manche haben die Befürchtung geäußert, dass dadurch Gehaltseinbußen bis zu 20 oder 25 Prozent eintreten werden; die Zulagen waren – das wissen Sie ganz genau – ja fast so etwas wie ein fixer Gehaltsbestandteil dieser Beamtinnen und Beamten. (Zwischenruf des Abg. Kößl.) Daher ist die Behauptung, dass diese Zusammenlegung und die daraus entstehenden Synergieeffekte auf dem Rücken der Beamtinnen und Beamten erfolgen werden, nicht ganz von der Hand zu weisen.

Das eigentliche Problem dieser Regierung ist in Wirklichkeit die Sparpolitik. Einige Bei­spiele dafür: der Abbau von fast 4 000 BeamtInnen seit dem Jahr 2000, das Zusperren von Gendarmerieposten und Wachzimmern (Abg. Kößl: Denken Sie daran: Löschnak hat über 200 zugesperrt!), die Tatsache, dass in vielen Gemeinden kein Gendarm mehr seinen Dienst versieht und die Präsenz der Exekutive massiv verringert wurde und es fast keine Streifendienste mehr gibt.

Zu der heutigen Feststellung des Herrn Innenministers betreffend die Kriminalitätssta­tistik, wo er gesagt hat, dass es im nächsten Jahr 1 Prozent weniger an Delikten geben wird, muss ich sagen: Das ist relativ, denn wenn es 1999 in Österreich insgesamt rund 500 000 Delikte gab – bei einer Aufklärungsrate von 50 Prozent –, wir im Jahr 2004 auf rund 700 000 Delikte kommen und im nächsten Jahr mit ungefähr 693 000 Delikten zu rechnen ist (Abg. Kößl: Lebt ihr in der Steinzeit oder in einem offenen Europa?), dann kann man auch sagen: Das ist ein Anstieg von 500 000 auf 693 000 Delikte. (Abg. Mag. Wurm: Mehr als ein Drittel!) – So viel, so gut.

Ein Wort noch zu der Einrichtung von Schutzzonen: Herr Minister, ich glaube, die Schutzzonen sind ein rechtliches Konstrukt der besonderen Art, ein Placebo. Viele Fragen im Zusammenhang mit den Schutzzonen sind offen geblieben. In Wahrheit wollen Sie mit Hilfe der Schutzzonen und der Videoüberwachung ein Gefühl der Si­cherheit nur vortäuschen. Ohne Aufstockung der Beamtenschaft wird es nicht gehen, wirkliche Sicherheit zu schaffen. Das beweist allein schon die Kriminalitätsstatistik. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 


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