Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 113

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Ahnung, was hier passiert ist! Haben Sie vielleicht die Universitätsausgaben und den gesamten Forschungssektor dazugezählt? – Wir reden hier von den Volksschulen, den Hauptschulen und den Gymnasien der Sekundarstufe 1 bis zur vierten, fünften Klasse, und von nichts anderem.

Mit anderen Worten: Wir haben die Zahlen gegenüber der OECD und eigentlich auch gegenüber uns selber – denn bis gestern habe zumindest ich selber geglaubt, dass Österreich so viel ausgibt – schöngeredet. Diese stimmen gar nicht! Österreich gibt durchschnittlich viel für seine Schulen aus und bekommt dafür ein leicht unterdurch­schnittliches Ergebnis. Das lässt die Zahlen von Grasser, wie sehr wir doch Weltspitze bei den Bildungsausgaben generell seien, jetzt in einem völlig anderen Licht erschei­nen. Wir geben nicht so viel aus, wie behauptet wurde. Wir sind bescheidener Durch­schnitt, und dafür bekommen wir bescheidene Ergebnisse.

Die Kürzungen der letzten Jahre beim muttersprachlichen Zusatzunterricht, bei den Begleitlehrern, bei den musischen Fächern, bei der Hilfeleistung für die Integration wie auch immer behinderter Kinder, diese Zahlen erscheinen zumindest für mich nun in einem völlig anderen Licht als zuvor.

Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich hoffe, mich nicht zu irren und zu täuschen, wenn ich meine, dass PISA 2 einen Schock ausgelöst hat und einen Schock auslösen sollte bezüglich der Kompetenzen unserer Kinder und Jugendlichen, wenn sie 15, 16 Jahre alt sind. Und ich hoffe, dass wir uns alle, das heißt, alle vier im Parla­ment vertretenen Parteien, die Regierungsparteien genauso wie die Oppositionspar­teien, zusammensetzen, auch die Gewerkschaften, allfällige NGOs in diesem Sektor, wer auch immer betroffen ist, und uns, ohne an die Vergangenheit zu denken, unsere Positionen anschauen, die wir in der Vergangenheit zu Recht oder Unrecht vertreten haben. Wir sollen uns mit Leidenschaft diesem Thema widmen, aber ohne leiden­schaftlich alte, vielleicht ideologisch berechtigte oder unberechtigte Positionen zu ver­treten. Dieses PISA-Ergebnis muss uns doch alle wachrütteln und dazu bewegen, wir wollen für unsere Kinder – in meinem Alter schon bald für die Enkel – Ergebnisse erzielen, bei denen nicht 20 Prozent der Kinder quasi unter den „Rost“ fallen, bei denen die Spitzenbegabungen besser gefördert werden als jetzt, bei denen wir mit einem hoffentlich überdurchschnittlichen Einsatz auch überdurchschnittliche Ergebnisse erzie­len – und das meine ich nicht nur auf die Leistung bezogen.

Natürlich sollen und müssen wir die vorläufigen Resultate der Zukunftskommission sehr ernst nehmen. Die leidigen Fragen sind: Wann muss ein Kind repetieren, also die Klasse wiederholen? Wann muss es ein Jahr seines Lebens für im Prinzip die gleiche Tätigkeit einsetzen? Das sind ja gravierende Entscheidungen! Und die Zukunftskom­mission empfiehlt mit Recht, dieses Repetieren deutlich zu reduzieren.

Dass die Kinder individuell gefördert werden und dass wir den Unterricht nicht an einem imaginären Durchschnitt ausrichten, das sind, so glaube ich, einleuchtende Argumente. Niemand muss da ausgebildeter Pädagoge sein, um das zu verstehen und für richtig zu halten. Das geht bis hin zur Frage: Zeigt nicht die PISA-Studie ganz deut­lich, dass die Trennung der Schülerkarrieren, der Schülerlaufbahn ab einem Alter von zehn Jahren nach der Volksschule zu früh ist und dass alle anderen Länder unter sonst gleichen Umständen bessere Ergebnisse erzielen, die diese frühe Trennung nicht vor­nehmen?

Ich verwende jetzt gar nicht die Reizworte, die in diesem Zusammenhang existieren. Ich möchte das vermeiden. Ich möchte, dass die österreichischen Schulen besser wer­den, dass die Kinder und Jugendlichen in der Schule etwas lernen; aber das ist nicht das Einzige. Mir geht es nicht darum – vielleicht überrascht Sie das, weil ich von mei­ner Ausbildung her Ökonom bin –, was ich ganz bestimmt nicht möchte, ist, dass Schu-


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