Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 78

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ichen Vertretungen, kritischen Vertretungen, intelligenten Vertretungen wurden abge­schafft.

Natürlich schreibt die Bundesregierung mit dieser Zäsur Geschichte. Aber ist das wirklich die Geschichte, die wir uns wünschen? Ich glaube, dass Jugendliche, junge und ältere Studierende Räume der Auseinandersetzung brauchen, wie die Universität ein Raum der Auseinandersetzung sein muss. Und wenn das eine Regierung nicht aushält, dann ist sie schwach und mutlos – und ich sage auch: ziemlich feige.

Diese Räume der Auseinandersetzung müssen – um einen Sektionschef ein bisschen falsch zu zitieren – schonungslose Schonräume sein, und zwar Schonräume vor den Moden, aber auch vor den Mächtigen der Zeit. Das muss man sich trauen dürfen auf der Universität, sage ich euch!

Was sucht aber die Bundesregierung? – Da habe ich ja Beispiele genug: Es gibt Schleppenträger und Schleppenträgerinnen. Die Regierung will nur Applaudierer, sie will nur Weihrauchschwinger, Untertanen und Ja-Sager. Aber wir sind kein Volk von Untertanen, und die Universität darf kein Volk von Untertanen werden! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis.)

Die Regierung hat eben nicht die Größe und den Anstand, anderes auch zuzulassen. Ich fürchte, bald kommen die Zeiten, wo wir auch nur mehr still denken dürfen und nicht mehr das aussprechen dürfen, was wir aussprechen wollen und müssen. Und man braucht schon eine ausgesprochene Leseschwäche – dagegen ist PISA nur ein Klatsch –, um dann, wenn man diese Novelle liest, nicht zu erkennen, was die Regierung wirklich will.

Autonomie war ein vorgeschobener Vorwand. Wenn sogar – und das ist jetzt wirklich an die ÖVP und an den CV gerichtet – die österreichischen Hochschulseelsorger sagen: So geht das nicht, das ist nicht gut!, dann frage ich mich schon: Worauf wird sich die Regierung noch berufen können? – Auf niemanden! Wenn der große Liebling des Bundesministeriums, früher der Vorsitzende der ÖH, Faißt, aus der ÖVP-nahen AG, sagt: So geht das nicht!, ja was sagt da die Bundesregierung – wenn ehemalige ÖH-Vorsitzende, die sogar in leitenden Stellungen in Banken sitzen, im Fernsehen sagen, das finden sie nicht gut, das finden sie beschämend?

Daher ist dieser Machtmissbrauch kaltschnäuzig, und er ist auch unklug und unver­froren. Wenn gewählte ÖH-VertreterInnen nicht zu Verhandlungen eingeladen werden (Abg. Mag. Donnerbauer: ... waren im Ausschuss dabei!), wenn die offiziellen Ver­treterInnen überhaupt nicht eingeladen werden – nein, sie wurden nicht eingeladen! –, dafür aber handverlesene Kronzeugen gesucht werden; wenn zu einem Gesprächs­termin, zu dem die Wissenschaftssprecherinnen der Regierungsparteien geladen haben, vier RFS-Studierende als ExpertInnen geladen werden, von denen drei Schmis­se tragen – soll so sein, stört mich nicht, man darf Schmisse tragen –, dann stimmt aber doch die Proportion nicht mehr! Oder rechnen Sie mir das jetzt noch einmal anders vor? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Leute jubeln dann auf ihren Homepages über die Zerschlagung der ÖH: 700 Stimmen – ein Mandat, 7 000 Stimmen – ein Mandat. Da stimmt einiges nicht!

Wenn Sie wollen, dass die ÖH zur Skriptenproduzentin und zur Verwalterin lokaler Defizite wird, dann ist das eine Schwächung, denn das Budget und die Befindlichkeiten auf lokaler Ebene, die Sie so stärken wollen, sind hier im Parlament und von der Bundesregierung hausgemacht. (Abg. Dr. Brinek: Wir beschließen ja ...!) Da wird auch nicht mit 21 lokalen Universitäten verhandelt, sondern da braucht es eine starke, freie und demokratisch gewählte Bundesvertretung.

 


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