wichtiger als 70 Millionen Türken“ ist eines, das ich im Verlauf der Diskussionen lieber nicht gehört hätte. Für uns ist jedes Mitgliedsland gleich viel wert, ob klein, ob groß! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren! Für uns Österreicher war neben der Unterstützung für die Zyprioten natürlich die Frage der Offenheit der Verhandlungen – auch auf Grund der Diskussionen im EU-Hauptausschuss und in der Regierung – ein ganz wichtiges Thema. Wir waren da sehr hartnäckig, wir haben darauf gedrängt, dass verschiedene Punkte, die ich ja auch hier dargelegt habe, in den Schlussfolgerungen wirklich enthalten sind.
Erstens: Es ist im Beschluss der Union fixiert, dass dies ein völlig anderer Beitrittsprozess als früher in der Geschichte der Europäischen Union ist. Es wird eigene Präzisierungen und einen eigenen Verhandlungsrahmen geben, jedes Kapitel wird vorher in den Zielen einstimmig fixiert. Genauso wird der Abschluss einstimmig fixiert werden. Es wird ein langer Prozess sein, der mindestens zehn, wenn nicht fünfzehn oder mehr Jahre dauern wird. Es kann vor dem Jahr 2014, also vor der übernächsten Finanzvorschau, keinen Abschluss der Verhandlungen geben. Es ist ausdrücklich das Ziel des offenen Prozesses innerhalb der Beitrittsperspektive fixiert, es kann keine Garantie für einen Beitritt der Türkei geben.
Erst wenn alle Bedingungen erfüllt und die Ratifizierungen nach den nationalen Spielregeln abgeschlossen sind, gibt es einen Beitritt. Es müssen alle Kopenhagener Kriterien, darunter auch – darauf habe ich explizit gedrängt – die Aufnahmefähigkeit der Union, garantiert sein. Erst wenn das gesichert ist, ist ein Beitritt der Türkei möglich, und wenn nicht – darauf haben wir großen Wert gelegt –, wird eine andere Verankerung in den europäischen Strukturen notwendig sein. Dahinter verbirgt sich natürlich der Artikel 57 der neuen Verfassung, der einen Vertrag mit den Nachbarn der Union ermöglicht.
Für Österreich und für die Sorgen der Bürger ganz wichtig ist dies: Permanente Schutzklauseln sind erstmals fixiert, Ausnahmeregelungen sind erstmals fixiert. Damit haben wir es in der Hand, unseren Arbeitsmarkt oder verschiedene andere Bereiche so abzusichern, dass die Fragen der Bürger, die berechtigt sind, wirklich ausreichend und gut beantwortet werden können.
Die Kommission wird ein permanentes Überwachungssystem einsetzen, damit die Türkei auf diesem Weg begleitet werden kann. Denn eines ist schon klar: Wir haben jedes Interesse daran, dass die Türkei eine europäische Perspektive hat. Es ist auch im österreichischen und erst recht im europäischen Interesse, die Türkei näher an Europa heranzuführen und sie in Europa zu verankern. Es wäre falsch gewesen, ihr die Beitrittsperspektive überhaupt nicht zu geben, zumal dies ja seit 40 Jahren – auch 1999 unter dem sozialdemokratischen Kanzler Klima und mir als Außenminister – ausdrücklich und explizit zugestanden wurde und 2002, in meiner Regierung, gemeinsam mit der FPÖ noch einmal bestätigt wurde; übrigens wurde das auch von allen Parteien damals im EU-Hauptausschuss durchaus so bestätigt. Wir haben die Stopptaste ermöglicht, keine Automatik bei den Verhandlungen, Mitsprache und optimale Kontrolle durch die Mitgliedstaaten.
Nach den Verhandlungen dort, die sehr hart
gewesen sind, habe ich den Vorschlag unterbreitet, dass wir nach Abschluss der
Ratifizierung, wenn es zu einem Beitritt kommen sollte, eine Volksabstimmung
darüber in Österreich abhalten und damit den Bürgerinnen und Bürgern die
Möglichkeit geben, am Ende der Verhandlungen dazu ja oder nein zu sagen. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Diesen Vorschlag halte ich für sinnvoll, denn die Türkei ist ein anderer Fall, ein Fall sui generis. Sie ist eben nicht zur Gänze in Europa, ganz im Gegenteil, sie ist mehrheitlich