Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 92. Sitzung / Seite 64

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wird und dann, wenn es so weit ist, wenn irgendwelche Verhandlungsergebnisse vorliegen, wieder aufflammen wird.

Es war für mich faszinierend zu hören, wie Herr Klubobmann Cap hier am Rednerpult so tut – und es war am Sonntag nicht viel anders, als er in der Sendung „Offen gesagt“ gesessen ist und dort einfach so getan hat –, als hätten weder seine Partei noch seine Kollegen in den anderen europäischen Länder jemals etwas mit dieser Entscheidung zu tun gehabt. Er ist in „Offen gesagt“ in einer sehr isolierten, selbstdarstellerischen Form dagesessen, und das hat eigentlich den Eindruck erweckt – und das, Herr Kollege Cap, war heute wieder so –, als wäre seine Meinung einerseits losgelöst vom Rest der SPÖ – Proponenten wie Häupl sagen ja etwas anderes – und nebenbei auch noch losgelöst vom Rest von Europa. Es war ja immerhin nicht nur Viktor Klima, der im Jahr 1999 diesen Beitritt in die Wege geleitet hat, sondern es war ja auch der Bun­deskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Herr Schröder, der federführender Propo­nent und federführender Verhandler und Hauptbefürworter bezüglich der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen war. Deshalb meine ich, hier sollte man die SPÖ in die Verantwortung nehmen und diesen „Zick-Cap-Kurs“, wie es unser Klubobmann aus­gedrückt hat, immer wieder aufzeigen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Ellmauer.)

Ganz anders war es da bei den Freiheitlichen: Wir haben diese Skepsis von Anfang an gehabt. Auch wir haben in unseren Reihen – um diversen Zwischenrufen gleich zuvor­zukommen – Befürworter dieses Beitritts. Auch wir haben in unseren Reihen sehr wichtige politische Vertreter, die sagen, dieser Beitritt und diese Verhandlungen sind gut – das ist auch, glaube ich, demokratisch in Ordnung –, aber wir haben eine klare Parteilinie. Bei uns stellt sich weder ein Stellvertreter noch ein Hauptverantwortlicher die Frage: Warum gibt es diese Haltung nicht, und wie wird diese Haltung begründet?

Bei uns ist die Skepsis auch begründet, meine Damen und Herren. Beim Antrag, der letzte Woche im Hauptausschuss diskutiert wurde, hat es eine klare Feststellung der Freiheitlichen hinsichtlich der Skepsis gegeben, die auf sehr vielen Säulen steht. Es ist diese Skepsis keine populistische und keine an den Haaren herbeigezogene, sondern diese Skepsis ruht auf sehr vielen Säulen: Da gibt es wirtschaftliche Probleme, da gibt es menschenrechtliche Probleme, da gibt es rechtsstaatliche Probleme, da gibt es die Frage der Kosten.

Es war zum Beispiel faszinierend zu sehen, dass die ehemalige grüne Kommissarin, die hauptverantwortlich für die EU-Finanzen war, auf zweimalige Anfrage, wie hoch denn die Kosten sein würden, keine Antwort gewusst hat. Es geht eigentlich in ein sehr tiefes schwarzes Loch, und man weiß überhaupt nicht, woher letztlich das Geld fließen soll. Man hilft sich darüber hinweg, indem man sagt, das wird erst im nächsten Finanz­rahmen beschlossen, aber im Endeffekt sind diese Kosten ein sehr wichtiger Bestand­teil der Verhandlungen. Es sind die Kosten im landwirtschaftlichen Bereich, es sind die Kosten für den Aufbau der Infrastrukturen, und letztendlich wird sich die EU das nicht leisten können.

Auch der ehemalige führende ÖVP-Politiker Busek spricht davon, dass die EU nicht reif ist für diesen Beitritt. Ich glaube einfach, dass es sich hier um die Fortführung eines Fehlers handelt, der bereits vor 40 Jahren begonnen wurde. Vor 40 Jahren hat man der Türkei erstmals die Türen zur Europäischen Union geöffnet. Nur, meine geschätz­ten Damen und Herren: Damals war es keine politische Union, damals war es ein einheitlicher Wirtschaftsraum, der geschaffen werden sollte. Damals waren andere Voraussetzungen gegeben. Im Endeffekt hat man über Jahrzehnte hinweg immer wieder etwas versprochen, was niemand irgendwann einmal auf den Tisch zu legen


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