Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 42

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Ein Trost dabei ist: Bei der Frage, wie die Selbsteinschätzung ist, ob das, was man in der Schule lernt, gut ist, weisen die österreichischen SchülerInnen durchaus guten Durchschnitt auf. Da liegen die Finnen mit ihrem Ergebnis unter jenem der Österrei­cher – obwohl die Ergebnisse in Finnland insgesamt wesentlich besser sind. Sie sollten sich einmal fragen, was in diesem Schulsystem, das Sie zu verantworten haben, eigentlich nicht stimmt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Amon, ich habe mich in den letzten Tagen gewundert, was sich da tut, denn wir haben schon immer gewusst, was Ihre Position zur Ganztagsschule ist. Den Wider­spruch, in den Sie sich da verstricken, scheint Ihnen gar nicht bewusst zu sein. Denn: Auf der einen Seite reden Sie von Autonomie, und auf der anderen Seite sind Sie die­jenigen, die jetzt in der Öffentlichkeit die Ganztagsschule propagieren. – Ich wundere mich eigentlich, dass das die Medien so akzeptieren. Ganz Österreich glaubt, dass es Ganztagsschulen geben wird. Gott sei Dank haben Sie jetzt die österreichische Bevöl­kerung aufgeklärt. Sie weiß nun, dass es sie nicht geben wird. Es gibt nämlich weder Geld dafür, noch gibt es die Bereitschaft Ihrerseits, das System umzustellen.

Da sagen Sie dann auch noch, die Gemeinden seien verantwortlich. – Das muss man sich ja wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Sie haben ein Schulsystem kreiert, bei welchem die Gemeinden eigentlich gezwungen waren, Schulbauten zu errichten, die für den Halbtagsunterricht ausgerichtet waren, denn sie konnten gar nicht beschließen, dass sie Ganztagsschulen führen. Jetzt gehen Sie her und sagen: Ganztagsschulen sind super! Nun sollen die Gemeinden all die Schulen umbauen, die auf Grund Ihrer Bildungspolitik so errichtet worden sind, wie es sie sonst in ganz Europa nicht gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Es kann doch im Moment niemand verantworten, Kinder in solche Schulen, wie sie bei uns errichtet worden sind, zu schicken, wo es keine entsprechenden Angebote, zum Beispiel ein Mittagessen, gibt. Glauben Sie, ich möchte meine Kinder in eine Schule schicken, in der sie nur die Möglichkeit haben, sich zu Mittag beim Buffet eine Wurst­semmel zu kaufen, wenn sie bis drei oder vier Uhr in der Schule sind, und das fünf Tage in der Woche? Das ist nicht unsere Vorstellung von Ganztagsschulen!

Ich sage Ihnen noch etwas: Mit der Art und Weise, wie Sie die Ganztagsschuldebatte jetzt führen, zerstören Sie diese Idee, denn um das sinnvoll umzusetzen, braucht es eine Umsetzungsphase, in der die baulichen Adaptionen vorgenommen und die ent­sprechenden Voraussetzungen in Bezug auf die Lehrer geschaffen werden.

Aber ich sage Ihnen noch etwas: Sie wissen doch, dass im Moment Ganztagsunterricht von den Eltern massiv finanziert wird, jetzt muss man nämlich für die Nachmittags­betreuung zahlen. Ich frage Sie nun: Wenn Sie sagen, die Schulen könnten es sich aussuchen, aber Sie zahlen nichts dafür, was heißt denn das dann? Haben wir dann in Österreich Schulgeld für Ganztagsschulen zu zahlen? Können die Kinder, die in Ganztagsschulen gehen, nur dann hingehen, wenn ihre Eltern das Geld dafür haben? Haben wir dann Studiengebühren auf Schulebene? Ist das das Bildungskonzept der ÖVP? (Abg. Öllinger: Ja, das ist es!) Ist das das, was Sie haben wollen? – Das ist das, was Sie im Moment vermitteln! Damit können wir relativ wenig anfangen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Amon, es ist wirklich bemerkenswert – ich habe mich gewundert –, wie Sie sich da eingemauert haben, so dass es ein Wunder war, dass Sie das Rednerpult haben verlassen können. Angesichts dieser Situation in Österreich ist das für die Ent­wicklung des Bildungssystems völlig unzulänglich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


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