Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 245

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21.50

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! In kleinen Dingen ist es ja nicht schwierig, konstruktiv zu sein und mitein­ander Gespräche zu führen und auch einmal einen Vier-Parteien-Antrag zustande zu bringen. Wichtig aber wäre es, würde die Regierung auch in großen Dingen Konstruk­tivität und Gesprächbereitschaft zeigen.

Was jetzt ermöglicht wurde, ist ja okay. Es ist möglich, auch Studierende zu fördern, die ihr Studium kurzfristig für ein, sage ich jetzt, „Zwischenstudium“ unterbrechen. Es ist erstmals möglich, auch Studierende zu fördern, die bereits nach drei Semestern im Ausland ein Studium beginnen oder fortsetzen. Das ist sehr positiv. Und es ist auch legitim und in Ordnung, dass überprüft wird, ob die Förderungen zu Recht vergeben wurden, ja oder nein. Man mag sich vielleicht nicht darüber freuen, aber korrekt wird es wohl sein.

Aber wenn ich mir durchlese, was die Bundesregierung oder die Parteien, was Brinek und Achleitner in der Begründung, im Bericht geschrieben haben, werde ich schon ein bisschen stutzig, und da würde ich schon ganz gern auch mit der Frau Bundesminis­terin und anderen diskutieren. Ich zitiere:

„Grundsätzlich kennt das Studienförderungsgesetz nur die Förderung des ersten Stu­dienabschlusses.“

Also nicht eines ersten Studiums, sondern des ersten Studienabschlusses.

Und weiters: „Ausnahmsweise können bei besonders guten Studienleistungen und zügig betriebenem Studium auch die weiterführenden Studien des Magisterstudiums und des Doktoratsstudiums gefördert werden.“

Heißt das, dass in Zukunft wirklich ein Bakkalaureatsstudium das Regelstudium und Grundstudium ist und dass man betteln und roboten muss, um dann bei Magister/Ma­gistra- oder Doktoratsstudium überhaupt noch gefördert werden zu können?

Das ist schon eine Frage, und insofern bin ich skeptisch geworden, weil Sie ja wissen, dass auf Grund eines möglichen EU-Entscheides jetzt die Debatte über Zugangs­beschränkungen ausgebrochen ist. Und da gibt es eigentlich nur zwei Motive.

Die Motive der Universitäten kann man ein bisschen differenziert sehen. Die sagen eben: Gut, auf Grund des Geldmangels, auf Grund der schlechten, teilweise sogar immer schlechter werdenden Betreuungsverhältnisse kommt die Universität in einen unauflösbaren Widerspruch zum offenen Zugang. Sie sagen: Wir können nur soundso viele gut ausbilden – und darüber hinaus gibt es nichts mehr.

Ich kann das irgendwie verstehen, aber gefallen tut mir das überhaupt nicht, denn eine so defensive Haltung von leitenden Organen der Universität, die sagen: Wir hätten gern den offenen und freien Zugang, aber leider können wir nicht!, könnte ja vielleicht auch zu dem Resultat führen, dass sie sagen: Liebe Bundesregierung, du bekennst dich in der Politik, ob in Sprechblasen, Festvorträgen oder auch hier, zum offenen Zugang – stelle daher auch die dazu nötigen Ressourcen zur Verfügung.

Das hätte ich von Rektoren viel lieber gehört und wäre auch ehrlicher gewesen. Nur wenige, muss ich sagen, waren dazu in der Lage. Das heißt, viele haben sich geistig damit abgefunden, dass die Bundesregierung zu ihrem Wort und dem Versprechen des offenen Zugangs nicht mehr steht. Diese Resignation ist auch nicht gut.

Jetzt komme ich zum Motiv, das die Bundesregierung haben könnte. – Sie sagt: Na wunderbar, jetzt habe ich zwei Ausreden. Die EU macht einen Entscheid. Die Unis beginnen sich bereits in ihrer Defensivposition zu fürchten und sagen: Stop, nur so viel und nicht mehr! Und wir ersparen uns die Debatte, der Schwarze Peter geht an die EU


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