Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 39

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eindeutig gebessert! Die Distanz, das gegenseitige Abschotten zwischen der Mehr­heits­bevölkerung und der Roma-Gruppe hat sich eindeutig verbessert, das Schweigen ist aufgebrochen, wenn man das so nennen darf. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Wir wurden zum Beispiel in dieser Ausstellung, die sich mit dem Anschlag befasst, von einer Gruppe von Jugendlichen geführt, die zum überwiegenden Teil, glaube ich, der Sozialistischen Jugend oder dem Verband Sozialistischer Mittelschüler oder was auch immer, jedenfalls unseren roten Freunden und Freundinnen angehören. (Abg. Mag. Molterer: Die habt ihr!) Ein Teil davon ist aus der Roma-Gruppe, aber der andere Teil nicht. Das finde ich eine großartige Initiative! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Der Bürgermeister von Oberwart, meines Wissens der SPÖ zugehörig, fördert diese Bestrebungen – nicht immer ohne Schwierigkeiten mit seiner Klientel –, wir begrüßen das. Aber was tut die Bundesregierung? – Die Bundesregierung streicht im selben Atem­zug, da diese positive, absolut begrüßenswerte Entwicklung passiert, Förderun­gen für die Roma in Oberwart, darunter ein wichtiges wirtschaftspolitisches Projekt, das eine positive Begutachtung durch das Wirtschaftsforschungsinstitut erfahren hat. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Das meine ich: Die gesellschaftspolitische Realität, die gesellschaftspolitische Ent­wicklung in Österreich hat sehr viele positive Facetten in den letzten fünf, auch in den letzten zehn oder zwanzig Jahren. Die Bundesregierung ist nicht dafür verantwortlich. Jedenfalls fallen mir als Oppositionspolitiker, als Linksliberaler – das gebe ich zu – eher Gegenbeispiele ein.

Nehmen wir ein anderes Beispiel! Es gibt in Österreich jetzt, im Gegensatz zum Zustand vor 40 oder 50 Jahren, einen breiten Konsens einer überwältigenden Mehr­heit, dass Frauen am Erwerbsleben teilnehmen sollen, wenn sie es wollen – und die allermeisten wollen es –, dass sie Karriere genau wie die Männer machen können und dass es nicht ihre Rolle ist, eine Art Zuverdienst, sozusagen die nächste Wurstsemmel zu verdienen, sondern exakt die gleichen Chancen wie die Männer zu haben. Ich begrüße das ausdrücklich, weil ich einer Generation angehöre, für die das, als ich 20 oder sogar noch 30 war, oder sagen wir doch 20, eben nicht selbstverständlich war.

Das ist die gesellschaftspolitische Realität. Und was tut die Bundesregierung? Haben Sie registriert, dass die Chancen der Frauen auf Wiedereinstieg in das Berufsleben nach der Karenz beziehungsweise nach dem Kinderkriegen gefallen sind, schwieriger geworden sind? (Abg. Mag. Wurm: Ja!) Dass 50 Prozent der Frauen die größten Schwierigkeiten haben, in irgendeiner Form wieder einzusteigen, ein Viertel allenfalls dort anknüpft, wo sie im Karriereleben vor der Geburt des Kindes waren? – Und wenn die anderen drei Viertel wieder einsteigen, müssen sie sich mit Teilzeitbeschäftigung, mit einer schlechter qualifizierten Position, mit geringerem Einkommen und so weiter begnügen. Dann wirkt sich das natürlich, kein Wunder, im Lebenseinkommen und eines Tages auch in der Pension aus. Haben Sie zur Kenntnis genommen, nämlich auch im EU-Vergleich, dass Österreich hier an die letzte Stelle zurückgefallen ist? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Na, na, na!)

Finden Sie das witzig, Herr Kollege von der ÖVP? (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Ich weiß nicht, hat da jemand laut „Ha ha ha“ gesagt; falls es die Fern­sehzuschauer nicht mitbekommen haben? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Mir ist das ernst, und den Grünen ist das ernst. Es handelt sich hier nicht nur um eine Menschenrechts- und Bürgerrechtsfrage, sondern um eine schlichte wirtschaftliche Frage: Hier wird Humankapital in größtem Ausmaß vernichtet! Zuerst wird in die Bildung und Ausbildung von Mädchen genauso wie von Buben investiert, Gott sei


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