Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 48

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Mir ist das absolut unverständlich, mit welcher Selbstgerechtigkeit und zum Teil auch Überheblichkeit sich hier auch Mitglieder der Regierungsfraktionen herstellen und in Selbstlob ausbrechen können. Denn Tatsache ist, dass Österreich ziemlich gespalten ist und zunehmend gespalten ist unter Ihrer Regierungsherrschaft.

Der Sozialbericht, der gestern präsentiert wurde, untermauert das ganz klar mit Zahlen. Es gibt Leute, die etwas von Ihrer Regierung haben, es gibt Leute, denen es besser geht. Das ist ein sehr kleiner Teil, das sind zirka 10 Prozent, denen geht es besser, da kann man sagen, der Reichtum wächst. Aber zugleich wächst auch die Armut. Die Ver­mögen wachsen, die Einkommen sinken, und es gibt mehr Reichtum, aber auch mehr Armut.

10 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen verfügen über mehr als zwei Drittel des Vermögens in Österreich. Durchschnittlich sind das 54 Millionen € pro Person. 54 Millionen € im Schnitt. Die restlichen 90 Prozent haben nicht einmal ein Drittel des Vermögens. Wir sind hier aber nicht in einem Entwicklungsland, wo so etwas gang und gäbe ist, wir sind in einem hoch industrialisierten Land, von dem – vom Bundeskanzler zitiert – die „NZZ“ sagt, es ist eines der reichsten Länder der Erde. Und in diesem Land wächst die Armut, es sind immer mehr Leute armutsgefährdet. In einem Land, dessen Wohlstand steigt, steigt zugleich die Armutsgefährdung bei Frauen, bei Allein­erzie­herInnen, bei größeren Familien. Und da sagen Sie, Frau Sozialministerin: Mut zur Familie!? Das kann man nur unterstreichen. Wer heute eine Familie gründet, der braucht wirklich Mut, um nicht an die Armutsgrenze getrieben zu werden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es fällt Ihnen dazu offenbar auch nichts anderes ein, Frau Sozialministerin, als ein Zitat: Wo die Politik Einfluss nehmen konnte, haben wir alles getan, was wir konnten. – Das sagt in Österreich die Sozialministerin, und ich kann nur feststellen: Da ist Ihr Können offensichtlich sehr beschränkt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was glauben Sie, wie es den Leuten geht, die seit Jahren täglich über alle Medien von den Regierungsfraktionen beschallt werden, die sich dauernd anhören müssen, wie super alles ist? (Abg. Großruck: Sie wissen nicht, was Sie sagen!) – Es ist einfach gut, dass man im Fernsehen Ihre Zwischenrufe nicht hört. (Abg. Großruck: Gott sei Dank hört man Ihre Rede!) – Sie behaupten permanent, dass alle von der Steuerreform profitieren, dass alle von der Pensionsreform profitieren, dass alle von unserem immer besser werdenden Bildungssystem profitieren. Was glauben Sie, wie es den Leuten geht, die das jeden Tag hören, die aber nichts davon bemerken, weil nämlich ihre Einkommen laufend weniger wert werden? Das heißt, dass sie de facto weniger Geld haben, weil ihre Mikro- oder Kleinbetriebe überhaupt nicht profitieren von Ihrer „groß­artigen“ Steuerreform. Was glauben Sie, wie es diesen Leuten geht?

Ein ganz besonderes Defizit tut sich im Bildungsbereich auf, und das ist besonders schade, weil das ein Zukunftsbereich ist. Wer es noch nicht wissen wollte, der hat es durch die zwei PISA-Studien gesehen, nämlich dass Österreich immer weiter zurück­gedrängt wird im Bildungsbereich, und daran ist diese Regierung stark mit schuld, weil Sie sehr wenig unternehmen, um dieses Defizit zu beheben. Warum nehmen Sie nicht das Angebot der SPÖ an, die Notwendigkeit der Zweidrittelmehrheit in diesem Bereich abzuschaffen? Dann hätten Sie die Möglichkeit, hier wirklich etwas zu bewegen. Aber dazu sind Sie offenbar zu feig. (Beifall bei den Grünen.)

Damit Sie überhaupt einen Schritt machen können, möchte ich einen Entschließungs­antrag einbringen. Er gibt Ihnen die Möglichkeit, einmal einen kleinen Schritt zu machen. Der Kärntner Landtag hat im Dezember 2004 mehrheitlich ein Projekt für eine


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