Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 52

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Vor diesem Hintergrund kann man dem Finanzminister ja gar nicht vorwerfen, dass er mit sehr viel Eigenlob arbeitet, wenn auch dafür der Anlass nicht allzu groß ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Aber wirklich selbstkritisch sind Sie auch nicht!)

Aber gehen wir einmal das durch, was wirklich als richtig und gut zu erwähnen ist.

Erste Feststellung: Das Bundesministerium für Finanzen hat wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Übrigens: Es ist nicht so, Herr Finanzminister, dass die Zahl auf dem Einlageblatt auf Seite 82 auf einen „Ziffernsturz“ zurückzuführen wäre. Das schaut nämlich ganz anders aus. Wer sich die gedruckte Ausfertigung und das Einlageblatt genau anschaut, der sieht, dass es sich um eine komplett andere Tabelle handelt – und die Damen und Herren im Finanzministerium machen eine sorgfältige Arbeit. Sie haben nämlich in ihrer ursprünglichen Berechnung bei der Körperschaftsteuer zu Recht angenommen, dass das Aufkommen an Körperschaftsteuer im Lichte dessen, dass zwei Drittel der drastischen Senkung erst im Jahr 2006 wirksam wird, von 3,6 Milliar­den auf 3,250 Milliarden sinken wird. (Abg. Scheibner: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen?)

Jetzt aber plötzlich gibt es eine Tabelle als Einlageblatt, in der die 3,8 Milliarden stehen. Das ist kein Ziffernsturz, es zeigt nur etwas anderes. (Bundesminister Mag. Grasser: Haben Sie die Seite 46 gelesen?) – Nein, Sie haben ein anderes Problem: Was Ihnen hier passiert ist, ist, dass die aus dem Herbst stammende wahre Berechnung der voraussichtlichen Abgabenaufkommen noch in der Druckfahne enthalten war (Bundesminister Mag. Grasser: Unglaublich!) und die Berichtigungen, die Sie vorgenommen haben, dann in Form eines Einlageblattes gemacht werden mussten. (Zwischenbemerkungen von Bundesminister Mag. Grasser und Vizekanzler Gorbach.)

Wenn Sie Ihre Tratschrunde hinter mir ein bisschen weiterführen, können Sie uns ein paar weitere Dinge aufklären, Herr Bundesminister für Finanzen:

Ich komme zur Kernfrage, wem die Steuersenkung etwas gebracht hat. Weil wir gerade bei der Körperschaftsteuer sind, möchte ich gerne über die Unternehmensseite sprechen. Sie behaupten ja, dass jetzt alle Österreicherinnen und Österreicher mehr Kaufkraft haben. Dass dem nicht so ist, wurde Ihnen, glaube ich, ziemlich klar am Beispiel der Fahrkarte nach Gloggnitz durch den Bundesparteivorsitzenden Dr. Gusen­bauer dargestellt.

Hochinteressant ist die jüngste Körperschaftsteuer-Statistik, die das Statistische Zentralamt herausgebracht hat. Dort findet man nämlich auf Seite 34 eine Aufstellung, wer bisher 78,3 Prozent der Körperschaftsteuer gezahlt hat. Das waren genau 1 584 Großunternehmungen, und die bekommen diese 80 Prozent, die Sie als Stärkung der österreichischen Wirtschaft verkaufen wollen! Das sind genau 1 500 der bestverdienenden Betriebe des Landes. (Abg. Dr. Bleckmann: Wie viel Arbeitsplätze sind das?) Und der Rest, nämlich 57 500 Fälle mit Mindestkörperschaftsteuer, so genannte Nullfälle, bekommt von Ihnen genau nichts. Nein, Sie bekommen auch noch die letzte Investitionsbegünstigung, die Investitionszusatzprämie, gestrichen. Das ist Steuerpolitik Marke ÖVP samt Beiwagerl FPÖ und heißt nichts anderes als: Wir fördern große internationale Konzerne statt die österreichische Wirtschaft. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das wird Ihnen diese Wirtschaft natürlich auch anrechnen, denn Sie haben ja auch noch eine weitere Möglichkeit geschaffen: die Gruppenbesteuerung. Da ist zum Bei­spiel interessant, was Karl Bruckner dazu sagt. Das ist justament jener Steuerexperte, den die ÖVP noch letztes Jahr zum Hearing über die Steuerreform eingeladen hat. Er sagt heute: Gruppenbesteuerung wird den Fiskus noch teuer zu stehen kommen. Warum? – Weil Sie aus der Körperschaftsteuer eine Beliebigkeitssteuer bei inter-


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