Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 174

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

18.34.09

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die erste Lesung eines Budgets gibt ja auch Gelegenheit, sich etwas mit der Budgetrede des Finanzministers und auch mit dem Budgetentwurf auseinander zu setzen. Das macht es allerdings schon ein bisschen schwerer, weil sich der Herr Finanzminister ja gestern in seiner Rede selbst kaum mit dem Budgetentwurf 2006 beschäftigt hat, sondern es gab lediglich eine Aneinanderreihung von Gemeinplätzen.

Wenn man sich das Ganze anschaut, sieht man aber doch zumindest einen Grund­gedanken, der sich erkennbar durch diesen Budgetentwurf zieht, nämlich das Prinzip Hoffnung. Wir Ökonomen wissen, dass das gemeinhin ein schlechter wirtschaftspoli­tischer Berater ist, aber: Dieser Grundgedanke zieht sich, wie gesagt, dennoch durch diesen Entwurf. (Abg. Dr. Stummvoll: Aber Pessimismus auch!) – Darauf kommen wir gleich zu sprechen, Herr Stummvoll.

Wenn zum Beispiel angeführt wird, die angeblich – ich zitiere – „klare finanz- und wirt­schaftspolitische Strategie“ – Zitatende – der Bundesregierung basiere unter anderem auf der Säule mehr öffentliche Investitionen, mehr Wachstum durch öffentliche Inves­ti­tionen, kann doch letztlich nur das Prinzip Hoffnung regieren, denn bei den öffentlichen Investitionen liegt Österreich mittlerweile bei 50 Prozent der Europäischen Union, und zwar der Union der 25. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) – Herr Staatssekretär, diese Zahlen sind offizielle Zahlen, die können Sie nicht wegdis­kutieren, auch wenn Sie noch so skeptisch sind und daran zweifeln!

Beschworen wird zum Beispiel auch die erforderliche optimistische Grundstimmung der Wirtschaft, Herr Kollege Stummvoll. Und wiederum ist das vom Prinzip Hoffnung getragen, denn offensichtlich ist der neueste Wifo-Konjunkturbericht noch nicht in die Budgetrede des Herrn Finanzministers eingeflossen, wie auch nicht ins Budget, das ja auch auf alten Zahlen beruht, denn im Jänner 2005 wurde beispielsweise die Auftrags­lage in der Industrie von der Industrie selbst wesentlich schlechter beurteilt als noch Ende 2004.

Auch die Zuversicht bezüglich der längerfristigen Geschäftserwartungen ist gesunken, und zwar deutlich gesunken. (Abg. Dr. Stummvoll: Das baut auf den Wifo-Prognosen auf!) Das ist der Konjunkturbericht des Wirtschaftsforschungsinstitutes, das Sie unter anderem mitfinanzieren. Da können wir von der Opposition nichts dafür.

Gemeinhin wäre die Binnennachfrage ein wesentlicher Stabilisator der Konjunktur, aber was das Konsumentenvertrauen angeht, erstellt das Wifo überhaupt einen vernichtenden Befund, wenn man sich ein bisserl auseinandersetzt mit der vorsichtigen Diktion, die das Wifo anwendet. Das Wifo schreibt – ich zitiere –: Bislang sind die Anzeichen für eine Beschleunigung des Wachstums der Binnennachfrage schwach. – Zitatende. Und das bitte nach fünf Jahren schwarz-blauer oder blau-schwarzer – je nachdem, wie Sie es haben wollen – Wirtschaftspolitik!

Da nützt es dann auch wenig, wenn im ORF mit teuren Kampagnen den Steuerzahlern zu suggeriert versucht wird, die Steuerreform würde ihnen einen zusätzlichen Urlaub, ein zusätzliches Auto, zusätzliche teure Einkäufe bringen. (Abg. Bucher: Elf Tage mehr Freiheit!) Das fällt vielmehr unter das so genannte Gloggnitz-Syndrom, für das wir im Tourismus ja durchaus dankbar sind – übrigens kommt der Tourismus auch nur mit einem einzigen Wort vor in dieser Budgetrede, aber das sind wir ja bereits gewohnt –, aber die Wahrheit sieht auch da anders aus. Die erforderliche Gegenfinan­zierung der Steuerreform wie auch der Budgets 2005 und 2006 wird eine erhebliche Belastungslawine lostreten; unabhängige Wirtschaftsexperten beziffern die Lücke bereits mit 9 bis 10 Milliarden €. Auch keine Kleinigkeit.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite