Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 87

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Expertinnen und Experten gekommen sind, auch durch Beiträge, die vor allem von der Zukunftskommission und ihrem Vorsitzenden Dr. Haider gekommen sind.

Ich glaube, es besteht heute in Österreich allgemeiner Konsens darüber, dass wir in einer so zentralen Frage wie der Bildungsfrage zu größerer Reformfreude gelangen müssen, wenn wir wirklich sicherstellen wollen, dass unsere Kinder und Jugendlichen optimale Chancen für ihr weiteres Leben bekommen sollen. Daher sind die Debatte über die PISA-Studie und die bisher erzielten öffentlichen Ergebnisse als ein absoluter Erfolg zu bewerten. Dies bietet die Chance, wirklich eine Neuordnung des öster­reichischen Schulsystems durchzuführen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es hat sich in dieser Diskussion gezeigt, dass die mangelnde Reformfreude in den letzten Jahren unter anderem davon abhängig gewesen ist, dass für einen Großteil der Schulgesetze eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erforderlich ist. Ich teile völlig die Einschätzung des Vorsitzenden der Zukunftskommission, der gemeint hat, dass das Bestehen der Zweidrittelmehrheit zusammen mit der stark angewachsenen Verrecht­lichung des Schulsystems und der allgemeinen Bürokratisierung des Schulwesens ein wesentlicher und eminenter Hemmschuh für eine fortschrittliche und vernünftige Schul­politik gewesen ist. Daher begrüße ich es außerordentlich, wenn wir jetzt nach mehreren Monaten der Diskussion gemeinsam zu der Auffassung gelangen, dass diese Reformblockade der Zweidrittelmehrheit im Parlament aufgehoben wird und damit die Möglichkeit frei gemacht wird für eine Reform und für eine wirkliche Neuordnung des österreichischen Schulsystems, die auch modernen Ansprüchen genügt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Diskussion über die Abschaffung der Zweidrittelmehrheit, die ja noch einmal geführt werden wird, ist ein Begutachtungs­verfahren vorausgegangen, das am 15. März abgeschlossen wurde und in dessen Verlauf doch viele Gruppen die Möglichkeit erhalten haben, sich zu dieser Frage zu äußern und Stellung zu nehmen. Ich glaube, es entspricht einer entwickelten parla­mentarischen Diskussion, dass wir Bedenken, Ängste und Einwände, die im Begut­achtungsverfahren vorgebracht worden sind, aufgreifen und versuchen, dafür positive Lösungen zu finden.

Was waren die Haupteinwände, die in diesem Begutachtungsverfahren zur Sprache gekommen sind? – Erstens legen sehr viele Menschen und Institutionen Wert darauf, dass in Zukunft in Österreich kein Schulgeld eingeführt wird, damit alle Kinder und Jugendlichen den gleichen Zugang zu den Bildungschancen haben. Ich halte es für wichtig, dass wir dieses Prinzip verankern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Zweiten wurde moniert, dass wir daran festhalten sollten, dass die Ziele des Schulsystems in erster Linie durch eine öffentliche Schule zu verwirklichen sind und dass natürlich auch das Prinzip der Schulpflicht aufrechtzuerhalten ist. Darüber hinaus­gehend wurde von vielen der Wunsch geäußert, dass wir eine gemeinsame Zielvor­stellung darüber entwickeln sollten, was das österreichische Schulsystem leisten soll und welchen Beitrag das österreichische Schulsystem für die Zukunft der Kinder und Jugendlichen bieten soll.

Ich finde – nachdem wir ja auch im Konvent über diese Frage, so meine ich, vernünftig diskutiert haben –, dass es sinnvoll ist, an den Beginn eines Verfassungsgesetzes eine solche Zielformulierung zu setzen, worin man sich dazu bekennt, dass völlig unab­hängig von der sozialen, materiellen und finanziellen Situation alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Chancen haben sollen und dass es nachgerade eine Aufgabe des Schulsystems ist, dass diese materiellen Unterschiede, diese Herkunfts­unterschiede überwunden werden – gerade dann, wenn das Ergebnis der PISA-Studie


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