Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 101

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

14.26.23

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzter Herr Kollege Niederwieser, ich denke, dass Sie „Reform­dialog“ doch auch als etwas Dynamisches verstanden haben, und der ist nicht mit dem 14. Februar abgeschlossen. Daher lade ich Sie sehr herzlich ein, jetzt einmal den eingebrachten Maßnahmenvorschlägen zuzustimmen und den weiteren Dialog auf­recht­zuerhalten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Bleckmann.) Das ist ein Angebot, das ich heute nicht zum ersten Mal im Namen meiner Fraktion mache, sondern nur erneuere. Es unterstreicht, was meine VorrednerInnen, was die Frau Bun­desministerin gesagt hat.

Also stimmen Sie zuerst zu, stimmen Sie dem Entschließungsantrag zu (Abg. Mag. Gaßner: Erst zustimmen, und das ist dann Dialog? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen), dann sehen Sie auch, dass hier die Bundesregierung auf­gefordert, ersucht wird, die ablehnende Haltung zur Einführung von Schulgeld beizu­behalten! Stimmen Sie unserem Konvententwurf zu, dann haben wir das offensichtlich gemeinsame Ziel erreicht! Dann können wir den Reformdialog und weitere Maßnahmen fortsetzen, denn – ich kann gleich anschließen – PISA und dessen Ergeb­nis sind ja auch nur eine Momentaufnahme.

Ich möchte gerne, dass wir uns über die Auswertung des World Competitiveness Report zum Beispiel und das gute Abschneiden Österreichs auch so ausführlich unter­halten, auch so ausführlich auswerten, was am österreichischen Schulsystem gut ist. Damit bin ich schon wieder bei der Grundlage zur heutigen Entschließung, bei der PISA-Studie, die selbst sagt, was nicht schlussgefolgert werden darf, nämlich dass es als erstes Ergebnis heißt: radikale Änderung der Schulorganisation.

Wer beim Reformdialog war – ich war ebenfalls dort, lieber Kollege Niederwieser, lieber Erwin –, hat auch gehört, dass die Expertinnen und Experten, ganz besonders der Experte des Max-Planck-Instituts, gesagt haben: Ein differenziertes Schulsystem ist nicht automatisch sozial selektiv, es ist nur selektiv, wenn es ganz bestimmte Bedingungen und Konsequenzen nicht berücksichtigt, die aber in Österreich nicht zur Diskussion stehen.

Das heißt, es gibt einen Förderunterricht, es gibt die Möglichkeit der weiteren Indivi­dualisierung über eine bestimmte Verbesserung der Didaktik, über innere Schulreform. Ich weiß schon, innere Schulreform ist schwieriger zu leisten, bedeutet eine hohe Mo­tivation der Lehrerinnen und Lehrer und bedeutet weniger schicken politischen Ver­kauf, der damit verbunden ist. Ich setze mich sehr dafür ein, und es gibt gute Mate­rialien und Literatur dazu, wie diese innere Schulreform gelingen kann.

Schauen Sie nach Finnland! Wie ist sie gelungen? – Am Beginn jedes Schuljahres gibt es einen sehr harten, einen – ich würde sagen – gnadenlosen Test, der feststellt, auf welchem Leistungsniveau die Schülerinnen und Schüler sind. Und dann wird sozu­sagen ein Entwicklungs-, ein Fördermenü für Schülerinnen und Schüler, für Schüler­gruppen entwickelt. Das bedeutet auf der anderen Seite auch, wenn Sie in Summe die Ergebnisse studieren, dass Finnland vielleicht – das ist jetzt eine Vermutung von Experten – auf Grund dieser starken Individualisierung die schlechtesten Werte im Wohl­fühlen in der Schule hat.

Das heißt, das Gemeinschaftserlebnis, das Klassen-, das Gruppenerlebnis, das Auf­gehobensein in einer sozialen Gruppe darf auf Grund von starken Individualisierungen nicht leiden. Das müssen wir auch aus Finnland beziehungsweise von den gut ab­schneidenden Ländern lernen. Sie würden auch nicht, glaube ich, so ohne weiteres sagen, dass Korea und Japan so ein wunderbar vorzeigbares, kopierbares Schul-


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite