Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 99. Sitzung / Seite 103

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Österreich bei den Zielen über dem Bildungsabschluss liege und ohnehin alles toll sei. (Abg. Großruck: Falsch!) So kommen wir, bitte, nicht weiter in einer Diskussion, wenn es darum geht, den Bildungsstandard in Österreich zu verbessern. Da werden wir ewig auf der Stelle treten. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin, Sie haben gesagt, in Finnland muss für die Nachmittagsbetreuung bezahlt werden. – Das stimmt. Allerdings muss man dazu sagen, dass der gesamte Förderunterricht, der individuelle Unterricht, der dort auch am Nachmittag stattfindet, natürlich kostenlos ist, weil er ein Teil des Unterrichts ist, und dass in Finnland die Verköstigung zu Mittag ebenfalls kostenlos ist. Also diese Punkte muss man der Fairness halber dazusagen, wenn man das, so wie Sie es tun, einfach in den Raum stellt.

Der PISA-Kongress in Finnland war sehr interessant. Kollege Amon war noch mit, leider war vom Ministerium niemand dabei. Ich habe es sehr schade gefunden, dass man nach den vorliegenden Ergebnissen nicht die Meinung vertritt, dass eine An­we­senheit dort notwendig wäre. Da gibt es diese Verknüpfung mit Ihrem vorliegenden Antrag. Sie wollen Ergebnisse des Reformdialogs umsetzen und sind damit aber äußerst unglaubwürdig, weil Sie damit einfach laufend bestätigen – auch mit den Punkten, die da drinnen sind –: Das, was gemacht wird, ist ohnehin alles gut und man muss nichts Weiteres tun.

Es fehlt in diesem Antrag zum Beispiel die Kernfrage der gemeinsamen Schule, die klammern Sie einfach aus. Das darf für Sie kein Thema sein, obwohl ganz klar ist, dass diese gemeinsame Schule der bis 15-Jährigen natürlich Chancen eröffnet. Sie wissen es, wir wissen es, aus irgendwelchen ideologischen Gründen geht es leider nicht. Aber ich sage Ihnen eines, wenn wir am Bildungssystem in Österreich wirklich etwas ver­bessern wollen, werden wir um diese Diskussion nicht herumkommen. Die Zahlen sprechen dafür, die Ergebnisse sprechen dafür, und man kann nicht auf Dauer sozu­sagen die Hände vor die Augen halten und sagen, das wollen wir nicht, und deswegen tun wir es nicht.

Wenn Ihnen das Lernen und der Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler ein Anliegen sind, dann müssen Sie sich mit dieser Frage zumindest ernsthaft auseinander setzen. Sie tun es aber bis heute leider nicht.

Was von Ihrer Seite noch in diesem Antrag steht, ist die Fünftagewoche. – Ja, das ist in Ordnung, aber bitte schauen Sie auf die Rahmenbedingungen, unter denen eine Fünftagewoche stattfinden kann! Nicht unter den Rahmenbedingungen, die Sie derzeit bieten. Um eine Fünftagewoche anbieten zu können, muss man genau schauen, was mit den Kindern passiert, die Lernschwächen haben, was mit den Kindern aus Familien von Migrantinnen und Migranten passiert. Diese haben Förderunterricht, diese haben muttersprachlichen Unterricht, diese haben zum Teil auch noch Religionsunterricht dazu; und da muss man genau Vorsorge treffen, dass ein Unterricht über längere Strecken mit Mittagsbetreuung, mit Freizeit dazwischen angeboten wird. Man darf nicht alles in einen Block zusammenstopfen, weil das Ganze sonst ein Schuss nach hinten ist und die Kinder dadurch noch einmal benachteiligt, aber nicht gefördert werden.

Zum Punkt Tagesbetreuung. – Ja, aber bitte als Anspruch auf Tagesbetreuung und nicht als etwas, wovon die Eltern jedes Jahr nicht genau wissen, ob sie angeboten wer­den wird und, wenn ja, in welchem Ausmaß und wie genau.

Ich wundere mich nicht darüber, dass nicht alle Kontingente ausgeschöpft worden sind, weil Eltern in der Zwischenzeit ihre eigenen Lösungen finden müssen. Ich muss als Mutter, als Vater wissen, mein Kind kann im kommenden Schuljahr sicher eine Ganz­tagsbetreuung haben. Nur dann kann man beruhigt sagen, gut, ich kann erwerbstätig sein, denn mein Kind ist gut aufgehoben. Aber diese Chance geben Sie den Eltern


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